SMS Radetzky / JSC / 1:250

  • Hallo Freunde des geknickten Kartons,


    mit der Bau-Nr. 192 wurde von der Nibelungen-Werft das Linienschiff „SMS Radetzky“ abgeliefert – gebaut wurde daran von 05.02. – 19.05.20; verbaut wurden dabei 1.519 Teile, davon 383 selbst angefertigt bzw. Lasercut.


    Der Bogen ist von JSC und stammt wohl aus der Zeit, wo JSC noch ein Herz für die Anhänger der kaiserlichen bzw. kaiser-und-königlichen Marine hatte – leider ist diese Quelle momentan ziemlich versiegt bei JSC, was Modelle aus dieser Zeit betrifft… heul2


  • Zum Bogen:


    Der Bogen enthält alle Besonderheiten von JSC aus der Zeit, lässt sich aber sehr gut bauen und es hat mir insgesamt gesehen auch viel Spaß gemacht. Das Innenleben besteht aus den von mir bisher recht ungeliebten Kastenspanten – ich muss jedoch zugeben, dass es hier keinerlei Probleme damit gab. Nachgebessert werden musste bei den Spanten auch nicht mehr als bei manchem Modell mit der üblichen „Fischgrät-Konstruktion“ und es ergibt sich ein absolut stabiler Rumpf. daumen1


    Was auch zu den Eigenheiten von JSC seinerzeit gehörte, waren die nicht eingefärbten Innenseiten diverser Bauteile – im Prinzip lästig, aber in diesem Fall nicht, denn aus irgendeinem dunklen Grund hatte ich vor Jahren eine Seite als ganze Farbfläche ausgedruckt mit zufälligerweise zu 97 % genau gleichen Farbgebung wie sie das Modell hier aufwies (ich weiß nicht mehr, wozu das damals dienen sollte, hatte doch kein bisher gebautes Modell diese Farbgebung). So konnte ich problemlos Schanzkleider usw. innen farblich anpassen, was ansonsten doch etwas lästig gewesen wäre.


  • Neben den nicht eingefärbten Rückseiten gab es noch ein paar kleinere Probleme:


    - vereinzelt scheinen die Nummern bei Bauanleitung und Bogen nicht überein zu stimmen
    - dann hatte ich mir noch notiert: „Für 10,5 cm Geschütze fehlen Bauteile“ – leider weiß ich nicht mehr konkret, was die Ursache für diese Notiz war, aber „zwecks der Gaudi“ notiere ich mir so was nicht... denk1


    - und die E-Messer verursachten einiges Kopfzerbrechen:
    Auf dem Bogen sind sowohl für den Panzerstand vorne (ist ja bei dieser Schiffsklasse eher ein „Panzerständchen" grins 2 ) als auch für ein Podest hinten ein E-Messer vorgesehen, aber bei diversen Skizzen und Grafiken war diesbezüglich nichts zu finden; auch bei manchem Foto (wo es, wie üblich, namenstechnische Unklarheiten über das jeweilige Schiff dieser Klasse zu geben scheint), konnte man nichts entsprechendes sehen.


    Erst als ich mein Büchlein „Austro-Hungarian Battleships of World War One“ von Zvonimir Freivogel zum wiederholten Male zu der „Radetzky“-Klasse befragte, fiel mir auf S.58 ein Foto auf, das ich eigentlich immer überblättert hatte: Da stehen einige Seeleute am Heck neben dem Turm der SA – und oben auf dem dort befindlichen Stand kann was etwas erkennen, was nach E-Messer aussieht.


    Auch bezüglich der unteren Plattform am hinteren Mast gibt es Unstimmigkeiten zwischen dem Bogen und diversen Bildern, die auch als „SMS Radetzky“ untertitelt sind – auch hier zeigt dieses Bild (vorausgesetzt immer, die Bildunterschrift stimmt), dass der Bogen mit der Plattform inklusive zweier Scheinwerfer wohl nicht so falsch liegt.


  • - Ein Punkt jedoch, der evtl. zu Diskussionen Anlass geben könnte, ist die Farbgebung des Modells auf dem JSC-Bogen: Das Blaugrau ist doch stärker in Richtung Blau verschoben, als man vielleicht erwarten würde (wobei die Farbgebung der k.u.k.-Schiffe insgesamt schon etwas, nun ja, nennen wir es mal „eigenwillig“, war – ich denke hierbei nur an dieses seltsame, olivgrün-artige „Montecoccolin“….


  • Hierzu habe ich u.a. auch mal das Forum marinearchiv befragt, wo es eine Seite zu dem Thema der Farbgebung bei k.uk.-Schiffen gibt und hierzu steht folgendes (ich zitiere):


    Im Oktober 1913 erhielt die „SMS Radetzky“ einen hellen blaugrauen Anstrich. Dieser experimentelle Anstrich wurde während einigen Flottenmanövern getestet und am 23 Dezember 1913 für die gesamte Flotte vorgeschrieben.


    Auch für diese Farbe ist die Zusammensetzung bekannt:


    30% Weiß
    30% Zinkweiß
    5,25% Schwarz
    0,75% Ultramarin
    34% Leinöl


    Diese Mischung differierte leicht von der bei der „SMS Radetzky“ verwendeten experimentellen Farbe (also wer weiß, wie das dann genau bei diesem Schiff immer ausgesehen haben mag).


    Ab 1914 wurde das „Montecoccolin“ der Schiffe durch den neuen blaugrauen Anstrich ersetzt. Dieser Blaugraue anstrich erhielt den Namen „Hausian“, benannt nach Admiral Haus.


  • Die neue Farbe wurde für alle sichtbaren Flächen verwendet. Ausgenommen waren die Oberseiten der Geschütztürme, alle Dachflächen, Stahldecks und die Schornsteinkränze – diese wurden dunkelgrau lackiert.


    Nun – wenn die Farbgebung der „Radetzky“ im Modell kritikfähig erscheint, so hätte ich das dann gerne durch Inaugenscheinnahme des Originals verifiziert (was allerdings im Augenblick schwierig sein dürfte, es sei denn, jemand erfindet in den nächsten paar Jahren die Zeitreise grins 2 ). Ob es Farbfotos aus der damaligen Zeit gibt, weiß ich nicht – allerdings würde ich auch hier meine Zweifel anmelden: Welcher Film wurde verwendet (wer sich noch an die Zeiten der analogen Fotografie und die Unterschiede zwischen Filmen der Firmen Kodak und Agfa erinnern kann, weiß, wovon ich spreche), welche Veränderungen wurden durch die Belichtung im Labor verursacht (hatte mal selber so was und es gelang mir damals, eine UH-1D vor leicht lila Himmel direkt auf die monströse Scheibe der untergehenden Sonne zu setzen) und welche Veränderungen haben sich bei möglichen Farbfotos im Laufe des letzten Jahrhunderts durch Ausbleichen oder sonstige Farbveränderungen ergeben????


  • Also – nix genaues weiß man nicht, deshalb nahm ich die Farbe so hin, wie sie der Bogen vorsah, und nur bei Vorlegen entsprechender Beweise (= das Original aus der Zeit grins 2 ) bin ich bereit, hier eine andere Meinung gelten zu lassen…


    Hier mal ein Bild, das ich in Schwarz-Weiß umgewandelt habe – aus so einem monochromen Bild kann man rückblickend kaum mehr etwas zu den Originalfarben sagen…


  • Zum Vorbild:


    Die „Radetzky“-Klasse gehörte zu den so genannten „Linienschiffen mit Zwischenkaliber“. Hierbei versuchte man zu Beginn des 20. JH. die Kampfkraft zu stärken, in dem man zwischen Haupt- und Mittelartillerie ein „Zwischenkaliber“ einschob. Die ersten war die Italiener, die dies 1901 machten. Engländer, Franzosen, Russen, Amerikaner und Japaner machten diesen Schritt mit, sodaß sich auch die Österreicher diesem neuen „Modetrend“ anschlossen.


    Einzig die kaiserliche Marine blieb bei ihren Standardlinienschiffen, da man Schwierigkeiten bei der einheitlichen Feuerleitung durch die verschiedenen Kaliber und die dadurch eventuell verursachten Probleme beim Auseinanderhalten der Aufschläge der Schweren und der Zwischenartillerie sah.


  • 1907 – in England war da schon die „Dreadnought“ in Dienst und hatte für diverse „Erschütterungen“ beim Bau von Linienschiffen gesorgt – hatte Österreich-Ungarn 3 Linienschiffe dieser Zwischenkaliber-Kategorie noch in Auftrag gegeben, um die Kampfkraft zu erhöhen. Die „Erzherzog Franz Ferdinand“ wurde 1908 fertig, die „Radetzky“ 1909 und als letzte Einheit die „Zrinyi“ erst 1910. Diese drei gut gebauten und äußerlich harmonischen Schiffe bildeten dann zusammen mit den 4 Einheiten der neuen „Tegethoff-Klasse“ den Kern der k.u.k.-Flotte.


  • Sie wirken modern und durchaus schlagkräftig – so gibt z.B. der Weyer von 1918 als Geschoßgewicht einer Breitseite folgende Werte aus:
    - „Radetzky“ => 2.660 kg


    Im Vergleich dazu entsprechende Werte deutscher Schiffe:


    - die 1906 fertig gewordene „Schleswig-Holstein“: 1.690 kg
    - die „Von der Tann“, der erste moderne Schlachtkreuzer von 1909: 2.630 kg
    - die erste moderne Großlinienschiffs-Klasse, die „Nassau“-Klasse von 1908: 2.676 kg


  • Ich weiß natürlich auch, dass zum Gefechtswert noch anderen Faktoren hinzugezählt werden müssen wie Standfestigkeit und Sinksicherheit (eher ein Problem bei der k.u.k.-Marine), Geschwindigkeit, E-Mess-Fähigkeit, Reichweite und Durchschlagskraft der Grananten usw. – aber nichtsdestotrotz macht die „Radetzky“-Klasse doch einen recht guten Eindruck hier.


  • Die Schiffe dieser Klasse waren an vielen Unternehmungen beteiligt. Nach Kriegsende war die „Radetzky“ vorübergehend in jugoslawischer Hand, wurde dann aber den USA zugesprochen und in deren Auftrag 1920 in Italien abgewrackt.


  • Hier mal ein Vergleich zur 14 Jahre älteren und 3 Schiffsklassen früher gebauten „Wien“, die 1895 fertig wurde – hier kann man schon die Entwicklung sehen, die sich im Laufe von 14 Jahren im Kriegsschiffbau ergeben hat….


  • Dann noch ein Vergleich mit dem seinerzeit modernsten deutschen Pre-Dreadnought, der „Schleswig-Holstein“, die 1906 in Fahrt kam. Auch sie wirkt schon im Vergleich zur 3 Jahre später gebauten „Radetzky“ recht antiquiert.


  • So, das war's vom alten k.u.k.-Linienschiff mit Zwischenkaliber, der "SMS Radetzky".



    Mir hat der Bau jedenfals viel Spaß gemacht, auch wenn die alten "Kisten" mit ihren zahlreichen Strippen und vor allem den Torpedonetzen, das "Hightlight" jeden Baus aus dieser Zeit, gelegentlich für diverse handfeste Schifferflüche gesorgt haben.... grins 2


    Servus
    hvt

  • Moin Hagen...


    Da hast Du ein richtig schönes Modell gebaut... Gefällt mir gut... Ach dein informativer Text, gehört bei Deinen Beiträgen ja schon dazu.


    Eine runde Sache...


    LG Günter

  • Servus HvT,


    gratuliere zur Indinststellung der Radetzky!
    Auch vollkommen richtig kriegsmäßig beflaggt mit der Kriegsflagge an der Gaffel und sonst keine Flaggen.
    So wie es sich für den von dir gezeigten Bau- und Bemalungszustand gehört.


    Zum E-Messer - hättste gefragt, hätt ich dir's gesagt. Ich habe da deutlich bessere Informationsmöglichkeiten.
    Es gibt bessere Literatur als das Buch von Zvonimier.


    Mich schreckt nach wie vor der unsägliche Blauton ab, das Modell zu bauen.
    Was die richtige Farbe angeht, ich durfte mal bei einem Sammler Blechstücke sehen die seinerzeit mit Originalfarbe bemalt wurden als Farbmuster zur Kontrolle der Farbmischung.


    GPM hatte beim Tegetthoff und beim Scharfschütze ein wesentlich besseres Händchen.


    Wirst du auch noch den im Bogen enthaltenen Seeflieger bauen?


    Liebe Grüße


    Wiwo

  • Servus Hagen,


    ein sehr schönes Modell aus deiner Hand.
    Und sehr schöne Vergleichsfotos: sind immer interessant.


    klasse1



    Grüße


    Jürgen

    Servus aus der Oberpfalz


    "Bass'd scho" (Lokale philosophische Grundregel)

  • Moin Hagen,
    Dein Bericht ist für mich ein richtiger "Mutmacher".
    Farbe scheint doch o.k., anscheinend kein typischer JSC-Nicht-Kontrollbau-Fehler, hübsches Modell, in 3 Monaten gebaut! Sehr schön.
    Mal sehen, wann ich mit der Radetzki starte. Bei WW1-Schiffen habe ich seit einem Jahr die unvollendete Invincible liegen, da muß man mehr als zaubern, um ein museumswürdiges Modell (SeaWarMuseum Thyboron) hinzukriegen. Rundablage ist für mich keine Lösung!
    Grüße aus dem hohen sonnigen Norden
    Ralph

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