Linienschiff "SMS Wien" / JSC / 1:250

  • Hallo Freunde des geknickten Kartons,


    das alte Linienschiff „Wien“ der kaiser- und königlichen Marine Österreich-Ungarns war mein Modell mit der Bau-Nr. 70, an dem ich von15.04.10 bis 09.07.10 gebaut. Verbaut wurden 1270 Teile, davon 718 Lasercut, Draht oder selbst gemacht. Der Bogen ist ja nicht so übermäßig detailliert, aber man kann daraus schon ein recht ansehnliches Modell gestalten.


  • Die Donaumonarchie sah sich erst sehr spät im 19. JH veranlasst, ihre Marinerüstung voranzutreiben. Der Dreibund von 1882 zwischen Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn hatte zwar einen Ausgleich mit dem Gegner von 1866 gebracht (die Haltbarkeit dieses Bundes bzw. die Verlässlichkeit des italienischen Bundesgenossen sollte sich dann allerdings 1914 bzw. 1915 zeigen Böse1 ); aber die relativ lange Küste Österreich-Ungarns verlangte schließlich doch einen Schutz gegen die Mittelmeergeschwader der potentiellen Gegner Frankreich und England.


  • So begann die Doppelmonarchie dann ab 1887 mit der „Kronprinz“-Klasse, die aus 2 Schiffen bestand, mit dem Aufbau einer Panzerschiffsflotte. In den österreichischen Listen wird diese Klasse zwar als „Linienschiff“ geführt, aber sie waren doch eher noch den Panzerschiffen zuzuordnen und erinnerten auch stark an die deutschen Küstenpanzerschiffe.


  • Von 1893 bis 1897 entstand dann mit den drei Einheiten der „Monarch“-Klasse die erste echte Linienschiffsklasse: „SMS Monarch“, „SMS Wien“ und „SMS Budapest“. Die Schiffe (übrigens auch die beiden nächsten Klassen) blieben allerdings in der Größe deutlich unter dem international üblichen Standard, da finanzielle Engpässe und die Abmessungen der zur Verfügung stehenden Docks hier beschränkend wirkten.


  • Auch glaubte man in dem engen Seegebiet der Adria keinen größeren Aktionsradius zu benötigen. Zeitgenössische englische Linienschiffe hatten mit ca. 15.000 t z.B. beinahe die dreifache Größe der „Monarch“-Klasse; auch die deutschen Einheitslinienschiffe waren in etwa doppelt so groß.


  • Die Schiffe hatten einen niedrigen Freibord und waren deshalb im Vorschiff sehr naß, auch schon bei relativ geringem Seegang. Im Verhältnis zu ihrer Größe waren die Schiffe zwar gut gepanzert, allerdings ließ, wie bei allen Schiffen aus dieser Zeit, der Unterwasserschutz zu wünschen übrig. Bei der Größe des Hauptkalibers glaubte man, so wie bei der deutschen Marine, dem schneller feuernden 24 cm Kaliber den Vorzug vor einer schwereren Bewaffnung geben zu müssen.


  • Bewaffnung - hier habe ich unterschiedliche Angaben bei meinen Quellen (siehe unten) gefunden:


    4 x 24 cm SK in Zwillingstürmen / 6 x 15 cm SK (hier waren sich noch beide einig). Bei den 4,7 cm Geschützen werden 12 bzw. 14 angegeben. Bei Brennecke/Hader, Panzerschiffe und Linienschiffe, werden dazu auch noch 6 x 3,7 cm SK und 2 x 7 cm Geschütze erwähnt.


    Zu der Artillerie kamen dann noch 2 Breitseittorpedorohre.


  • Die Farbgebung änderte sich im Laufe der Geschichte: Von der farbenprächtigen Lackierung im „viktorianischen Stil“ (bei der k.u.k Marine bis 1904 verwendet) über (falls die Literatur recht hat) einen Anstrich mit schwarzem Rumpf, schwarzer Brücke samt Mast und Lüftern, weißen Aufbauten und gelbem Schornstein zu der grünen Montecucculi-Lackierung (ähnlich „Radetzky“ und „Viribus Unitis“, bei der k.u.k.-Marine bis 1912) hin zu dem danach üblichen Blaugrauanstrich.


  • 1914 hatten alle 3 Schiffe dieser Klasse ihre aktive Dienstzeit bereits hinter sich und dienten als Schulschiffe. Beim Kriegsausbruch wurden sie reaktiviert und bildeten die 5. Division, die zum Schutz des Kriegshafens von Cattaro (heute Kotor) eingesetzt wurde.


    August und September 1914 beschoss „SMS Wien“ zusammen mit dem Schwesterschiff „SMS Monarch“ montenegrinische Stellungen. Nach der Kriegserklärung Italiens an die Mittelmächte im Mai 1915 wurden die 3 Schiffe in die nördliche Adria verlegt, um italienische Stellungen anzugreifen. Der schwerste Angriff erfolgte im November 1917.


  • Die Italiener reagierten darauf mit Angriffen von Motorschnellbooten, die abgewehrt werden konnten. In der Nacht vom 9. auf den 10. Dezember 1917 allerdings gelang es ihnen, in den Hafen von Triest einzudringen und „SMS Wien“ zu torpedieren.


    Hier zeigte sich – wie schon bei manch anderem Schiff der kriegführenden Mächte – wieder der schlechte Unterwasserschutz der älteren Kriegsschiffe: Innerhalb von 5 Minuten sank das alte Linienschiff und nahm 32 Mann mit in die Tiefe. Nach dem Krieg wurde das Wrack von den Italienern abgebrochen; nur ein Teil des Hecks mit dem Schiffsnamen wurde in das maritime Museum von Venedig gebracht.


  • Noch ein paar Vergleichsfotos – hier mal eine Zusammenstellung, die mir sehr gut gefällt, die es aber im Original nicht geben konnte, denn 19 Jahre und einige Hundert Kilometer lagen da zwischen den beiden Schiffen: Die “Wien” neben dem kaiserlichen Torpedoboot A 68.


  • Dann mal alle 4 JSC-Modelle, die damals bis zum Bau der "Wien" in meiner der Werft entstanden waren – und sie machen sich nicht schlecht, finde ich, auch wenn sie nicht so ausgefeilte Konstruktionen sind wie bei anderen Verlagen.


    Hinten die „Goeben“, dann die „Wien“, und im Vordergrund das Torpedoboot S 67 (links) und das Kanonenboot „Panther“ rechts.


  • Und noch mal ein Blick auf meine damalige österreich-ungarische Flotte: Die „Wien“ neben dem U-Boot SMU 10 (eines der allerliebsten Modelle von Michi), einem von der kaiserlichen Marine übernommenen und unter österreich-ungarischer Flagge fahrendem U-Boot vom Typ UB I..



  • Und fehlen darf natürlich nicht das Action-Foto (das ich seinerzeit immer am Ende eines Baus gemachte hatte):



    SMS „Wien“ läuft am 14.06.1897 auf der Reede von Spithead in Portsmouth ein, um an der Flottenschau anlässlich des 60. Krönungsjubiläums von Queen Victoria teilzunehmen. Das „White Ensign“ ist gesetzt und der Territorialsalut wird gerade mit einem der leichten Geschütze abgegeben (einem Foto nachempfunden, das eben jene Szene zeigt – damals war es zwar bewölkt, aber bei mir strahlt eben die Sonne grins 2 ).


  • Und nochmals in Schwarz-Weiß.



    So, nach diesem Ausflug in meine Modellbaugeschichte geht es demnächst mit einem Galeriebeitrag zu einem aktuellen, in diesem Jahr gebauten Modell weiter....


    Servus
    hvt

  • Servus HvT,


    die österreichischen Konstrukteure haben sich hier die britische Majestic-Klasse zum Vorbild genommen und diese zu heiß gewaschen .... öhm .... ich meine geschrumpft.
    Heraus kam ein Kriegsschiff, das aus budgetpolitischen Gründen "Küstenverteidiger" genannt wurde und in der CWL gleich lang war wie die Torpedorammkreuzer (auch eine budgetpolitisch begründete Bezeichnung) Kaiser Franz Joseph I und Kaiserin Elisabeth.
    Die Bezeichnung "Schlachtschiff" war ja strengstens verboten!


    Erst als Erzherzog Franz Ferdinand als Thronfolger etabliert war, bekam die Marine endlich mehr Budgetmittel bewilligt.
    Daß diese Budgets auch von den beiden Parlamenten in Wien und Budapest bewilligt werden mussten machte es auch nicht einfacher.


    Noch eine Anmerkung zur sogenannten "Kronprinz-Klasse"
    Wer diese Bezeichnung erfunden hat - keine Ahnung - und sie ist meiner Meinung nach Blödsinn.
    Man findet auch in den Akten des ÖSta-KA-MS keine solche Schiffsklasse.


    Kronprinz Erzherzog Rudolf und Kronprinzessin Erzherzogin Stefanie ware zwei völlig unterschiedliche Schiffe.
    Rudolf mit drei 30,5cm Barbettengeschütze und Stefanie mit zwei.


    So, wieder ein bisschen Hintergrundwissen unters Volk gestreut grins 2


    Liebe Grüße


    Wiwo

  • @Didibuch
    Vielen Dank für die Daumen, Dieter! freu 2


    @wiwo1961


    Danke für die zusätzlichen Informationen. Dass sich die beiden "Kronprinzen" stark unterschieden haben, war mir bekannt; was die "Klasse" betrifft, konnte ich nur auf Zvonimir Freivogel zurückgreifen, der zu den beiden "Kronprinzen" schreibt: "Both units belonged officially to the same class, but differed in many points."


    Servus
    hvt