Minenleger "Bottrop" / KhKK / 1:250

  • Hallo Freunde des geknickten Kartons,


    Baunummer 104 der Nibelungenwerft war der Minenleger „Bottrop“ von Krügers handlichen Kartonkreationen, auch bekannt unter dem Kürzel KhKK. Gebaut habe ich an dem Modell von 03.11.12 bis 18.12.12 und dabei 1024 Teile verbaut (604 davon Eigenbau oder Lasercut).


    Den Baubericht, der mit dem Vorgängerforum untergegangen ist, will ich jetzt nicht wieder reaktivieren, dazu scheint mir das Interesse an derartigen Modellen doch zu gering zu sein.


    Informationen zum Original findet man im Internet wenig; in der Literatur sind bei Koop/Breyer, „Schiffe, Fahrzeuge und Flugzeuge der deutschen Marine“ sowie bei Hildebrand/Röhr/Steinmetz, "Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945", ein paar Einzelheiten zu dem Schiff nachzulesen.


  • Zur Geschichte des Vorbilds:


    Zu den Aufgaben der Bundesmarine sollte im Krisenfall unter anderem auch das Sperren der Ostseeausgänge gehören – und das Sperren von solch engen Fahrstrassen geht nun mal am besten mit Minen. Vielleicht hat man sich da auch der Erfahrungen des 2. Weltkriegs entsonnen, wo es auf Grund der massiven Minensperren im Finnischen Meerbusen bis Sommer 1944 gelang, die Rote Flotte in ihren Stützpunkten Leningrad und Kronstadt einzusperren und somit völlig zu neutralisieren.


    Jedenfalls war schon bei der ersten Planung für die nie zustande gekommene Europäische Verteidigungsgemeinschaft EVG 1952, in der z.B. noch keine Zerstörer oder U-Boote für die neu aufzustellende Bundesmarine vorgesehen waren, die Beschaffung von 2 Minenlegern geplant.


  • Als dann der Beitritt der Bundesrepublik zur Nato 1955 allmählich spruchreif wurde, änderte man die Planung, ergänzte sie unter anderem durch 12 Zerstörer und 12 U-Boote, aber bei den beiden Minenschiffen blieb es. Diese beiden Minenschiffe waren dann auch in den Haushaltsplan 1957 schon eingestellt.


  • Die Einheiten, die für die Minenlegeaufgaben schließlich vorgesehen waren, wurden dann aber erst im August 1960 zum Stückpreis von 340.000,00 DM von der US Navy angekauft worden. Es handelte sich um 3 ehemalige Panzerlandungsschiffe vom Typ LST, die schon Einsätze gegen Ende des 2. Weltkrieges im Pazifik sowie im Koreakrieg hinter sich gebracht hatten. Auf der deutschen Werft MWB in Bremerhaven wurden dann 2 der 3 Landungsschiffe zu Minenlegern umgebaut und auf die Namen „Bochum“ und „Bottrop“ getauft. Das dritte Schiff sollte bei der Jadewerft in Wilhelmshaven umgebaut und auf den Namen „Bamberg“ getauft werden, wurde aber nie fertig gestellt; nachdem etwa zu 60% vollendet, wurde der Umbau gestoppt – die Gründe dafür sind mir nicht bekannt.


    Jedenfalls konnte man zu der Zeit nicht unbedingt von einer durchgehenden stringenten Planung bei der Bundeswehr sprechen (in keiner Teilstreitkraft) – immer wieder wurden Einheiten aufgestellt, dann wieder aufgelöst; Gerät sollte entwickelt oder beschafft werden, die Pläne dafür wurden dann aber wieder geändert. Vielleicht fiel dann auch die Fertigstellung des dritten Minenlegers diesen etwas chaotischen Planungen zum Opfer.


  • Bei dem Umbau wurden die beiden Bugklappen dicht gesetzt und die dahinter liegende Rampe ausgebaut, Schiffskörper und Antriebsanlage überholt sowie Aufbauten und Inneneinrichtungen entsprechend ihrer neuen Verwendung geändert.


    Die „Bottrop“ wurde am 09.04.1964 bei der Bundesmarine unter der Nato-Kennung N 121 in Dienst gestellt und war zu der Zeit nach dem Schulschiff „Deutschland“ und den Zerstörern der „Hamburg“-Klasse zusammen mit ihrem Schwesterschiff N 120 „Bochum“ das drittgrößte Schiff der Marine. Die beiden Schiffe der Klasse 370 wurden dem 1. Minenschiffgeschwader zugeteilt, das dann schon ab Januar 1965 in Minenlegegeschwader umgetauft wurde.


    Am 28.09.1971 stellte die „Bottrop“ bereits wieder außer Dienst, nachdem schon ca. 14 Tage vorher ihr Schwesterschiff ausgesondert worden war. 1972 wurden die beiden Minenleger dann an die Türkei abgegeben, wo sie im Januar 1973 eintrafen. Die Aufgaben der ausgemusterten ehemaligen Panzerlandungsschiffe übernahmen dann bei der Bundesmarine die Neubauten der „Sachsenwald“-Klasse.


  • Technische Daten:


    Abmessungen: L 101,37 / B 15,28 / Tiefgang 3,98 m
    Verdrängung: 4140 ts (voll ausgerüstet), leer 3640 ts
    Antrieb: Dieselmaschinen
    Geschwindigkeit: 11 kn


    Bewaffnung: 4 x 40 mm in zwei Zwillingsflaks, 2 x 40 mm Einzelflak (nach dem Umbau) – klingt rechts eindrucksvoll, da aber die Flak nur optisch am Geschütz gerichtet werden konnte, wäre im Ernstfall ihre Wirkung gegen schnell fliegende Angreifer wohl recht begrenzt gewesen (eine Tatsache, von der ich mich bei der landgestützten Version auf Selbstfahrlafette, gemeinhin als Fla-Pz M 42 bekannt, bei diversen Luftzielschießen in Todendorf an der Ostsee selbst mehrfach überzeugen durfte, wenn nach dem Vorbeiflug des Zielschleppflugzeugs wieder mal die ernüchternde Meldung durchkam: „Keine Geschoßbahndurchgänge“ = kein Treffer)…


    Radargesteuert wäre die Wirkung am Ziel deutlich besser gewesen (wie die L/70 mot-Zug-Batterien der Fla-Btl., die im Gegensatz zu den M 42 radargesteuert waren, dann beim Luftzielschießen immer bewiesen haben).


  • Beeindruckend war die Minenanlage: ca. 790 m Gleislänge auf 2 Decks mit 4 Wurfstellen konnten da schon eine ganze Menge der tödlichen Sperrwaffen aufnehmen – da klingt die Aussage eines ehemaligen Besatzungsmitglieds von ca. 800 Minen maximaler Minenzuladung nicht unwahrscheinlich (vor allem, wenn man berücksichtigt, dass da auf einem Minenwagen auch zwei Minen – wohl Grundminen - nebeneinander liegen konnte, wie ein Bild im Internet zeigt).


  • Zum Modell - Fazit:


    Wie schon bei meinen anderen KhKK-Modellen wird auch hier aus dem handgezeichneten Bogen ein meiner Meinung nach durchaus sehenswertes Modell trotz der damals im Baubericht geschilderten Probleme mit der Beschriftung und dem dunklen, kaum scan-baren Karton.


    Empfehlenswert ist in jedem Fall der Nachbau der Minenschienen, wenn es auch nicht ganz einfach ist für Otto Normalbastler, hier alle Geleise schön gerade und absolut parallel zu bekommen, denn die sind dann doch ein richtiger Blickfang bei dem Modell.


    Man könnte natürlich noch mehr herausholen, z.B. durch Überarbeitung aller Bullaugen, Fenster, Türen am PC; auch für manche Knick- oder Begrenzungslinie würde sich dies anbieten. Lüfter, Winden, Beiboote usw. lassen auch noch Raum für Superungen. Die meisten Teile habe ich aber so übernommen, wie sie vom Konstrukteur vorgesehen wurden, weil hier zu viel Feinheiten doch nur den Gesamtcharakter des Modelles eher stören würden, nur bei der Reling, bei Leitern und Niedergängen habe ich mit Laser-Teilen eingegriffen. Rahen und Stengen wurden aus Draht gemacht, und die Flak wurde von einem anderen Modell übernommen, dabei aber ein wenig modifiziert.


  • Für den Bau des Modells sollte man schon ein wenig Erfahrung haben, da doch die Bauanleitung die eine oder andere Frage offen lässt und auch gelegentlich etwas Anpassungsarbeiten erforderlich waren - und wer ein wenig Supern möchte, der braucht auch die dafür erforderlichen Kenntnisse. Problematisch ist die doch recht dürftige Quellenlage zu dem Vorbild, und die wenigen Bilder im Internet zeigen (natürlich) zumeist nicht dass, was man gerade bräuchte.


    Wer sich aber hier durchkämpft, der erhält zum einen ein sicher nicht oft zu sehendes Modell und zum anderen eine Bereicherung seiner Sammlung früher Bundesmarine-Einheiten, die sicher auch auf Grund des Typs für manchen erstaunten Blick sorgen dürfte.


  • Und hier liegt auch der große Verdienst des Konstrukteurs, der sich durch alle Epochen hindurch bisher immer wenig bekannter oder von den größeren Verlagen permanent ignorierter Vorbilder (z.B. SMS „Kaiserin Augusta“, Flottenbegleiter, SMS „Blücher“ sowie diverse Handelsschiffe) angenommen und diese für den Kartonmodellbauer in 1:250 umgesetzt hat.


    Damals, als ich den Galeriebericht zum ersten Mal einstellte, schrieb ich:


    „Hoffen wir auf weitere Exoten aus der Feder von Hans-Jürgen Krüger, denn hier gäbe es ja noch genügend Möglichkeiten, aktiv zu werden. Einer ist ja mit dem Hilfskreuzer „Wolf“ aus dem 1. Weltkrieg schon angekündigt und wird irgendwann dann auch auf der Nibelungenwerft gebaut werden, wenn es wieder um die deutschen Schiffe aus dem 1. Weltkrieg geht“.


    Nun, die „Wolf“ ist ja dann auch damals erschienen und ich habe den diesbezüglichen Bericht hier nochmals rekonstruiert, aber inzwischen ist es um KhKK recht still geworden.


  • Hier zum Abschluss noch ein Größenvergleich mit einem Zerstörer der Fletcher-Klasse, der nicht ganz die Größe der Minenleger erreichte.



    Das war’s von einem Exoten aus den ersten Jahren der Bundesmarine, dem Minenleger „Bottrop“ – die Nibelungenwerft meldet sich demnächst wieder.


    Servus
    hvt

  • Servus Hagen,


    ich kann nicht sagen, was ich mehr bewundern soll: Modell oder Geschichte dazu.


    klasse1


    Immer wieder informativ.
    Bitte noch mehr davon....






    Grüße


    Jürgen

    Servus aus der Oberpfalz


    "Bass'd scho" (Lokale philosophische Grundregel)

  • Moin Karl-Heinz,
    ein schönes Ergebnis. Ich habe auch einige Bögen aus der Serie hier liegen, konnte mich bisher aber nicht so richtig damit anfreunden.
    Gruß aus Flensburg
    Jochen

  • @Didibuch
    Vielen Dank, Dieter - auch für die zahlreichen Likes! freu 2


    @Kurt
    Danke, Kurt! danke 2
    Ja, viele kennen diesen Schiffstyp wohl nicht, deshalb habe ich den alten Galeriebericht nochmal "reanimiert"....



    @Juergen
    Vielen Dank, Jürgen! danke 2
    Ich versuche halt immer, ein wenig Info beizufügen, damit man auch den Bezug zum Original hat.



    @Rezatmatrose
    Danke, Günter! freu 2
    Ja, wie ich schon bei Kurt geschrieben habe, kann sich wohl kaum mehr jemand an diesen doch recht ungewöhnlichen Typ aus der Frühzeit der Bundesmarine erinnern, deshalb die Neueinstellung.



    @Flens
    Danke, Jochen! danke 2
    Ja, wenn man diese Bögen anschneidet, muss man schon die Erwartungen etwas herunterschrauben verglichen mit Passat oder HMV, aber man kann was daraus machen - sicherlich auch noch deutlich mehr, als ich gemacht habe (allerdings dann schon mit ziemlichem Aufwand, aber es wäre möglich).
    Wie auch immer man an den Bogen rangeht - man erhält dann in jedem Fall ein Modell, ds wohl nicht auf vielen Regalen stehen dürfte.... happy 2



    @Harald Steinhage
    @Robson
    @Markus Bodeux
    @Scorpion1963
    @Nachtfalter
    Vielen Dank für Eure Daumen! freu 2


    Servus
    hvt

  • Moin Hagen.
    Auch diesen" Exoten" hast Du tadellos fertiggestellt. Diesen Schiffstyp kannte ich bisher auch noch nicht, geschweige denn ein Kartonmodell davon.
    Gruß Hans Joachim

  • Servus Hagen


    guter Mix aus Hintergrundgeschichte & frühe BM & computerfreie Konstruktion.
    Haste noch mehr dann zeig es her (oder liegen die Schätzchen auch in der Rheingoldkiste ??)
    LG Klaus

    viderimus nil posse creari de nihilo

    oder

    Wie soll ich wissen was ich denke bevor ich höre was ich sage

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