SMS Nassau: Probebau nach 110 Jahren - ein Experiment

  • Hallo alle zusammen,


    wie bereit hier berichtet konnte ich dank der Hilfe des Schreiber-Museums in Esslingen einen Scan des Modells der SMS Nassau erstellen. Mittlerweile sind die Bauteile gesäubert und auf DIN-A3 Bogen umverteilt worden, so dass ein Ausdruck der Bauteile in Originalgröße problemlos möglich ist. Damit steht einem Probebau nichts mehr im Weg.




    Dieser Probebau soll allerdings auch ein kleines Experiment werden: So möchte ich versuchen, den Bau so weit als möglich aus dem Bogen heraus zu machen und Veränderungen nur in dem Rahmen vornehmen, die auch vor 1914 machbar gewesen wären - soweit man das heute noch beurteilen kann.

  • In einem Punkt werde ich allerdings keine Kompromisse machen: Ich werde heutige Klebstoffe verwenden!


    Hintergrund: Im Zuge von Recherchen für einen Artikel im "Zur Geschichte des Kartonmodellbaus" hatte ich das Glück, einen Bastler "Baujahr" 1928 zu treffen und ihn zu den damaligen Modellbautechniken befragen zu können. Während sich an der prinzipiellen Bearbeitung der Bauteile wenig geändert hat, haben die Klebstoffe seit damals enorme Fortschritte gemacht. Folgende Aussagen ergab das Interview:

    • Der Klebstoff war damals (ca. 1937) eine Mehlpampe (feines Mehl mit Wasser verrührt) oder weißer Papierleim (ähnlich wie eine Paste bzw. Wicoll dickflüssig)
    • Die Kartonqualität war "recht ordentlich", allerdings rauher und stark gebleicht (schneeweiß)
    • Die Qualität des Kartons war vergleichbar den Maly Modelarz Bogen aus den 50er Jahren, aber etwas dünner. Diese Aussage konnte ich im Schreiber Museum anhand der Bogen der SMS Nassau im wesentlichen bestätigen.
    • Verklebung grundsätzlich über Klebelaschen, da der Klebstoff andere Verfahren nicht zugelassen hat

    Das werde ich mir nicht mehr antun! Beim Bau der Kaiser Wilhelm II habe ich die Klebelaschen verwendet, so wie es vorgesehen war, was nach heutigen Maßstäben in vielen Punkten sinnlos ist, da vieles stumpf verklebt werden kann, was früher aber nicht sinnvoll möglich war.

  • Dann habe ich noch eine Bitte an Euch: Ich möchte dieses Modell nicht nur einfach bauen, sondern während des Baus auch immer wieder vermessen, um die Maßstäblichkeit besser abschätzen zu können. Und dazu würde ich Vergleichsmessungen benötigen.


    Da vermutlich keiner von Euch die Originalpläne der Nassau-Klasse auf Lager hat ;) , wäre ich schon sehr dankbar, wenn mir Modellbauer, die die HMV Nassau gebaut haben, mit Vergleichsmessungen helfen würden. Dabei unterstelle ich mal, dass dieses Modell sehr gut recherchiert und entsprechend sauber umgesetzt wurde und damit als Referenz dienen kann. Daneben würde ich mich sehr freuen, wenn wir Detailfotos dieser Modelle austauschen und damit vergleichen könnten.


    Im Anhang findet Ihr eine Tabellenkalkulation (sowohl ODS- wie auch XLS-Format), die ich sukzessive aktualisieren werde und in die ich Euch bitte, zusätzliche Messwerte einzutragen. Die so gewonnenen Erkenntnisse möchte ich dann in dem ZGK-Artikel auswerten und dokumentieren.

  • Ein Problem für den Probebau ist, dass ich keine Bauanleitung erhalten habe. Nicht, dass das Modell so kompliziert wäre, aber die Empfehlungen für die Montage des Rumpfs wären doch hilfreich. Geht man von den Bauteilnummerierungen aus, dann ergibt sich die folgende Montage-Reihenfolge:

    • Baugruppe 1: Das Hauptdeck
    • Baugruppe 2: Da Kasemattdeck auf halber Höhe zur Wasserlinie
    • Baugruppe 3 und 4: Die Bordwände Back- und Steuerbord
    • Baugruppe 5: Der Heckspiegel mit dem Heckbalkon
    • Baugruppe 6: Das Unterwasserschiff

    Soweit klingt eigentlich alles ganz logisch. Das Problem ist nur: Wenn man das Modell in dieser Reihenfolge baut, dann hat man nach Montage der Baugruppe ein komplettes, geschlossenes Überwasserschiff, an das das Unterwasserschiff montiert werden soll. Und das sieht im Querschnitt so aussieht:


    Das Problemist: Wie soll man ein Unterwasserschiff mit seinen Klebelaschen montieren, wenn man aufgrund des geschlossenen Überwasserschiffs nirgendwo mehr Druch ausüben kann? Das kann m.E. nach nicht funktionieren, weshalb ich einen anderen Weg gehen werde.

  • Meine erste Idee war, mit dem Unterwasserschiff zu beginnen, dann die Bordwände anzukleben und zuletzt das Kasematt- und das Hauptdeck einzusetzen. Daher habe ich mal mit dem Bugsegment begonnen:





    Das Problem: Dieses Bugsegment besteht praktisch aus einem einzigen Bauteil, wenn man von der kleinen Platte des Bugtorpedorohrs mal absieht. Dabei ist das Teil 39 cm lang! Auch wenn der Originalkarton etwas stärker war (ich verwende aktuell 160g/m² Karton), hat das Bauteil die Stabilität eines nassen Handtuchs. Den Spant, den Ihr auf den Fotos sehen könnt, habe ich nur sporadisch mit 4 kleinen Klebelaschen eingebaut, um das Teil besser ausformen zu können. Dieser Spant kann nachträglich zugeschnitten oder auch komplett wieder ausgebaut werden.


    Nachdem ich dieses Bauteil montiert hatte, habe ich die Idee dieses Bauansatzen aufgegeben. Das Unterwasserschiff wäre ein geleeartiges Monster von ca. 90 cm Länge geworden, das keinerlei Aussicht gehabt hätte, einen verzugsfreien Weiterbau zu ermöglichen.

  • Also ein neuer Versuch: Die Decks werden nochmals ausgedruckt und mit Finnpappe verstärkt. Anschließend werden Öffnungen hineingeschnitten, die ansgesichts der Modellmaße so groß ausfallen, dass mit der Hand jederzeit in den Rumpf gegriffen werden kann. Damit sollte auch die Montage des Unterwasserschiffs später kein unlösbares Problem sein:






  • Beim Beplanken sind dann doch kleinere Ungenauigkeiten aufgetreten. Während die Wand hinter dem Kasemattgeschütz kein Problem ist, hoffe ich, dass sich das Heck nicht noch zum Problem beim Unterwasserschiff auswächst:


  • Hallo Woody
    Da werde ich dir gerne zuschauen und ein gutes Gelingen wünschen. Helfen kann ich leider nicht, da ich die Nassau nicht gebaut habe.
    Bis jetzt ist aber alles sehr sauber gebaut ja 2


    Es sind gleichzeitig die neuen, beiden letzten Bilder gekommen. Die Rundung am Heck würde ich mittig trennen und passgenau mit einer untergelegten Lasche zusammenfügen.


    lg


    Otto

  • Trotz dieser kleineren Abweichungen konnte das Überwasserschiff soweit erfolgreich fertiggestellt werden. Ein Verzug ist aktuell nicht zu beobachten; die Stabilität ist soweit OK.





  • Hallo Otto,


    Die Rundung am Heck würde ich mittig trennen und passgenau mit einer untergelegten Lasche zusammenfügen

    Ich werde mir diese Option auf jeden Fall freihalten. Das Problem ist, dass ich (noch) nicht weiß, wie das Heckstück des Unterwasserschiffs mit dem Heck oben abschließt. Aber wir werden es bald sehen.


    Servus, Woody

  • Hallo Woody,


    ich denke, dass der Versuch gut gelingen wird. Was ich bis jetzt gesehen habe, sieht doch schon perfekt aus (auch wenn das Heck nicht ganz passt). Da schaue ich dir weiterhin gerne zu.


    Wie Wiwo schon gesagt hat, kann dir bei deinen Fragen Udo aus diesem Forum gut weiter helfen.


    Aber auch ich habe die Nassau gebaut. Nicht die von Udo vom HMV-Verlag sondern in Eigenbauweise nach einem Plan, den ich mir im Internet besorgt habe. Das hat auch relativ gut geklappt.


    Alles Gute und viel Erfolg,


    Gruß Wolfgang.

  • Danke für Deinen Bau Bericht.
    Das Schiffsmodell macht mich total gei* ÄHH an.
    Ich schaue Dir staunend und mit großen Augen zu pc1

    Salvete, Qvintvs Flavivs Alpinvs
    Vielen Dank an alle Likers für Ihren Klick hüpf1

  • Hallo Wolfgang


    vielen Dank für Deine guten Wünsche.


    Aber ...

    Aber auch ich habe die Nassau gebaut. Nicht die von Udo vom HMV-Verlag sondern in Eigenbauweise nach einem Plan, den ich mir im Internet besorgt habe. Das hat auch relativ gut geklappt.

    ... an diese Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht. Würde es Dir etwas ausmachen, mit den Maßen von Deinem Modell oder auch dem Plan auszuhelfen?


    Ziel dieser Fragestellung ist, festzustellen, inwieweit die Proportionen eingehalten wurden bzw. verzogen sind. Die groben Maße der JFS Nassau (Länge und Breite) sehen nämlich gar nicht so schlecht aus. Dennoch würde ich mich über weitere Angaben freuen, da ich diese sehr gut in den AGK-Artikel einbauen könnte.


    Servus, Woody

  • Hi Quintus,


    Das Schiffsmodell macht mich total gei* ÄHH an.

    halt noch ein bisschen aus! Wenn das Modell fertig ist, mache ich daraus einen Download für den AGK; die Erlaubnis des Schreiber-Museums bzw. der Stadtverwaltung Esslingen habe ich.


    Servus, Wolfgang

  • Hallo,
    Ganz großes Lob und tolles Projekt. Altes zu neuem Leben erwecken... Ja, heutige Bastelbögen sind besser, genauer, detailreiche... Aber die alten haben Charme... Toll, ganz toll.
    Gruß
    Frank

  • Hallo Wolfgang,
    Definitiv ein Projekt der Besonderen Art!
    Da sieht man mal wie alt unser Hobby schon ist.


    Lg Christian

    Es gibt keine Probleme, nur Lösungen!


    Aktuell im Bau: SMS Hindenburg GPM 1/200

  • Hallo Wolfgang,


    mein Vater war auch Geburtsjahrgang 1928 und er hat es geschafft, auch im WK.II seiner Leidenschaft zum Kartonbau zu frönen. Er erzählte mir, dass sie damals die Bögen mit Wasserglas geklebt haben.
    Der alte Herr hat mich übrigens auf den Kartonmodellbau gebracht. Die Leidenschaft ist also erblich.


    Viele Grüße, Martin

    03.11.2022 fertig: Spitfire MK.V auf Schwimmern, Models by Marek, 2. Anlauf.

    09.10.2023 fertig: Wettbewerbsmodell Fairbanks Morse CFA-16 der Canadian National Railway, HS Design, 1:45

    18.01.2024 fertig: Batmobile, Christopher Spitler, 1:24

    20.01.2024 wieder begonnen: Supermarine Seafire LF MK.III, Models by Marek, 1:33

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