HMS Mercury - Fregatte der Enterprize-Klasse, 1778; Shipyard-Modell, 1:72

  • Ich möchte hier gern meinen Baubericht der HMS Mercury von Shipyard vorstellen. Ich habe am 12. Februar 2014 mit dem Bau begonnen - und bin noch lange nicht fertig. Also sind jetzt erst einmal ganz viele Postings ein Blick zurück; ich habe mir jetzt nicht die Mühe gemacht, die Erzählweise an die aus heutiger Sicht "Echtzeit" zu nennende Zeit anzupassen. Ich werde aber an der richtigen Stelle ein Zeichen geben, wenn wir wieder in der Echtzeit sind.
    Los geht's!


    Das Schiff gibt es bei Shipyard seit Längerem bereits im Maßstab 1:96, als "normalen" Bausatz mit zukaufbaren gelasterten Teilen. Dann hat sich Shipyard entschlossen, seiner Flotte der Lasercut-Kartonbausätze mit der HMS Mercury im Maßstab 1:72 ein würdiges Flaggschiff zu geben. Und ich hatte einen neuen Traum...
    Die Familie hat gesammelt, und so bekam ich bereits im Jahr 2013 diesen Bausatz zum Geburtstag geschenkt. Da zu der Zeit aber noch die Papegojan samt Werft auf der Helling lag, verbot sich für mich der Beginn eines weiteren Projektes; außerdem wollte ich mit der Papegojan noch reichlich Erfahrungen mit Shipyard-Modelltechnik sammeln.
    Als dann endlich das schwedische Pinassschiff Mitte Februar 2014 "unter die Haube" kam, konnte es endlich losgehen.
    Meine Vorfreude war riesig, denn mit der Mercury war ich endlich in "meiner" Zeit angekommen. Endlich ein Schiff der Nelson-Ära bauen!


    Zumindest ausgehend von meiner Recherche im Netz scheine ich derzeit der Einzige zu sein, der dieses Modell in 1:72 baut und darüber auch im www berichtet. (1:96-Mercurys gibt es ein paar...) Das finde ich schade, gern würde ich mich mit anderen Mercuristen austauschen. Aber auf jeden Fall hoffe ich, dass ich anderen, die sich auch an das Prachtstück wagen, ein paar Tipps und Anregungen geben kann und sie davor bewahre, meine Fehler zu wiederholen.


    Zum Schiff selbst: Die HMS MERCURY wurde am 25. März 1778 auf Kiel gelegt; bereits im Februar 1780 war sie für die Royal Navy im Einsatz. Sie war ein Kriegsschiff sechsten Rangs und gehörte zur sog. Enterprize-Klasse. Bewaffnet war sie mit 24 9-Pfündern, 6 3-Pfündern und 4 18-Pfünder-Karronanden.
    Sie wurde 1814 abgewrackt.


    Die nachfolgenden Postings werden erzählen, was bisher geschah. Das wird ein wenig Platz und Zeit in Anspruch nehmen, und damit ihr wisst, wie weit ich schon bin, hier erst einmal zwei Bilder vom derzeitigen Stand:

  • Wunderbar! Wieder ein Baubericht in der Wiederbelebungsphase!


    leider sind die Fotos nicht sichtbar. Möglicherweise musst Du die Bilder nach dem Hochladen noch einfügen oder die Größe anpassen (??)

  • Nun also alles aus der Rubrik "Was bisher geschah":


    Ein erster Blick in den Kasten macht Appetit! Das Innenleben präsentiert sich gut sortiert. Man sieht Masten, Takelgarn, Beschlagteile, Kanonen, Farben, Draht für Augbolzen, Ringe u.ä., herrliche Belegnägel aus Messing und die Blöcke zum selbst bauen.


    Die Segel sind aus Stoff und schon vorgefertigt. Der darunter zu erkennende Bogen ist der einzige farbige und der einzige, der nicht gelasert ist.


    Viele Lasercut-Bögen, die Planken einzeln, das ist wunderbar!


    Kupferfolie für den Rumpf.


    Die Galionsfigur und andere Figuren sind aus Plaste, sehe aber gut aus und werden auf jeden Fall nochmals gestrichen.


    Die Bauanleitung ist sehr umfangreich und auch in Deutsch.


    Fazit: Der Bausatz macht einen grundsoliden Eindruck. Shipyard unterscheidet ja zwischen "normalen" Kartonmodellen, bei denen man dann bestimmte Teile als Lasercutbögen zukaufen kann - so wie bei meiner Papegojan - und den reinen Lasercut-Kartonsätzen; in dieser Kategorie ist die MERCURY das neueste Modell und stellt alle bisherigen Bausätze doch in den Schatten.
    (Die obigen Aufnahmen stammen aus dem Jahr 2013 - nur falls sich einer an der Jahreszahl im Wasserzeichen stören will. So lange liegt der Kasten nämlich schon hier; ich wollte aber erst das Papegojan-Projekt beenden)
    Die Werft ist bereit, alles ist vorbereitet, wie man hier gut erkennen kann:

  • Hallo Bonden,


    der Anfang macht sich schon mal gut auch wenn ich Deinen Bericht sowohl im Erst-, dem Zweit- und auch dem Drittbericht bereits gefolgt bin, werde ich hier Stammgast sein und bleiben. Ich hab schon so viel, neben dem was ich anderswo her habe, durch den Bericht gelernt und es puscht, wenn einem jemand kritisch über die Schulter schaut! high five
    Die bilder im ersten Beitrag sieht man nicht!


    Gruß
    Fritz

  • Hallo Bonden,


    ICH sehe die Fotos in voller Grösse !


    Also, wenn es am Anfang !! , ganz oben, denn zwei Fotos sein sollen !


    Die nachfolgenden Fotos sind auch ok bei mir.

  • Moin Bonden.


    na endlich. Einer meiner Lieblingsbauberichte taucht wieder auf. Die Mercury hab ich auch (allerd. im anderen Masstab) im SUB. Aber das dauert noch Jahre bis ich auf deinem Level sein werde (wenn überhaupt). Freue mich auf die Fortschritte. cooleye


    LG Rolf

  • Da es nun so richtig losgehen soll, habe ich mir mal einen genauen Überblick über alle Kartonteile verschafft. Insgesamt sind diese auf 32 Bögen verteilt. Vier davon sind recht klein, die anderen sind alle im A3-Format, bis auf einen, der etwas schmaler ist. Die Verteilung der einzelnen Bauteile auf die Bögen folgt keinem bestimmten System. Zwar findet man mehrere Teile einer Baugruppe, ob das aber auch alle erforderlichen Teile sind, weiß man erst nach einem Blick in die Bauanleitung. Die einzige Sortierung begründet sich in der unterschiedlichen Kartonstärke. 9 Bögen sind aus dicker Finnpappe, die anderen aus unterschiedlich starkem Karton, der kleinste Bogen hat ein paar Ausschneideteile auf sehr dünnem Papier, ebenso wie der oben gezeigte Bogen mit den Schmuckelementen.
    Somit bestand meine erste Aufgabe darin, die Teile so zu katalogisieren, dass ich sie schnell auffinde, wenn ich sie brauche. Dazu habe ich zum einen die 32 Bögen durchnummeriert und dann Bogen für Bogen in die Hand genommen und alle Teilenummern in eine Exceltabelle übertragen. Über die dortige Suche finde ich so schnell jedes Teil.
    Wer also ebenfalls die Mercury bauen möchte - ich würde meine Tabelle gern zur Verfügung stellen!
    Um mal die Dimensionen aufzuzeigen, hier ein Beispiel: Der Bogen 15 hat 111 Teile-Nummern. Und wie man auf diesem Bild sehen kann, sind es wesentlich mehr als 111 Teile, denn viele Teile gibt es mehrfach.


    Wollte man da jetzt jedesmal alle Bögen durchsuchen, würde man wahnsinnig werden - und den Bögen tut das auch nicht gut.
    Es war schon mal ganz interessant, sich beim Katalogisieren zwangsläufig jedes Teil anzuschauen. Da waren alte Bekannte, bei denen ich erleichtert dachte, dass die hier wesentlich größer sind als bei der Papegojan. Bei anderen wiederum fehlt mir jede Fantasie, was daraus mal werden soll. Aber das werde ich ja über kurz oder lang herausbekommen.
    Ach, das noch: Beim Herausnehmen der einzelnen Bögen habe ich jeden einzeln erst einmal mit einem Swiffertuch abgestaubt. Das war hinterher schwarz! Klar, das war der feine Staub, der in den gelaserten Rillen sitzt.
    Aber nun kann es losgehen.
    Als erstes wurde die Kiellegung vollzogen. Ist ja hier eher eine Kielplatte und wird aus vier Teilen zusammengeklebt. Das ergibt 2 mm Stärke - das ist eine gute Basis für einen stabilen Rumpf.

    Nachdem also diese Teile ordentlich und sauber miteinander verbunden waren, ist mir so richtig bewusst geworden, was das für ein großer Eimer wird! Aber schaut selbst - im Hintergrund ist die Papegojan mit Werft zu sehen:


    Immer wieder schön, wenn aus relativ zweidimensionalen Teilen durch einfaches Zusammenstecken ein dreidimensionales Gebilde entsteht, bei dem man schon ahnt, was das mal wird:


    Ok, dann wurde es aber Ernst, und der Weißleim floß in Strömen!


    Das Gerippe gewann zunehmend an Stabilität - und wieder einmal ist die hohe Qualität der gelaserten Teile zu loben - da passt einfach alles nahezu perfekt!
    Dann kam der Moment, in dem aus der HMS Mercury eine HMS Manta wurde - einfach einen schicken Heckspoiler fertigen und anbauen.


    Und schon war es soweit und die ersten beiden Decksplatten kamen drauf. Das ist noch nicht das richtige Deck, also noch keine Planken und so, das kommt später. Warum man einige Bereiche des Spantengerüstes schwärzen sollte, erschloss sich mir nicht so richtig. Ok, da ist eine Luke, und wenn ich die nicht mit der Gräting schließe, kann man da reinschauen auf ein Stück Deck, und dann, mit ganz viel Verrenkungen, kann man vielleicht doch ein Stück weißen Karton sehen... Aber es war mir ganz recht, denn so konnte gleich mal testen, was das für Farben sind, die Shipyard mir da in den Karton gepackt hat. Acryl, ja. Aber Acrylfarbe ist eben nicht Acrylfarbe. Die hier ist alles andere als geruchsneutral, und das muss ich mir nicht geben. Also bleibe ich bei meinen auch für die Papegojan verwendeten Sorten (Schmincke und Valejo).


    Die Mercury bekommt drei Beplankungsschichten. Wie bei solchen Kartonmodellen üblich, besteht die erste aus senkrecht anzubringenden Streifen. Diese sorgen für eine realtiv homogene Oberfläche und verhindern das "Auftragen" bei den folgenden "richtigen" Beplankungsgängen. Schönheitspreise muss man bei diesem Arbeitsgang nicht gewinnen, und wenn da der Weißleim aus den Ritzen quillt, ist das nicht weiter schlimm - abwischen und gut ist, Hauptsache, man achtet darauf, dass die Ränder der Kartonstreifen stets auf Spantenkanten aufliegen. Das ist eine relativ zeitaufwändige und wenig spannende Arbeit - aber in Erinnerung an die nicht allzu lange zurückliegende Wantenknüpferei will ich mich überhaupt nicht beschweren.

  • Tja, was braucht es jetzt noch? Masten und Bewaffnung, und dann kann es losgehen. Nun denn - Schiff fertig! happy1
    Das nächste Modell bitte! grins 1


    Das Anbringen der kartontypischen Erstbeplankung ist auch nicht ganz ohne. Die schwierigsten Teile waren übrigens die die kleinen. Einen 2 cm breiten und 11 cm langen Streifen formt man wesentlich leichter als ein Teil, welches mal grad 2 x 1 cm hat. Aber wie ich bereits weiter vorn schrieb: Bei diesem Arbeitsschritt gewinnt man keine Schönheitspreise. Wichtig ist, dass es keine "Treppenstufen" zwischen den einzelnen Teilen gibt - kleinere Spalten machen gar nix, da ja die nächste Beplankung waagerecht draufkommt. Bei der Papegojan war ich an der Stelle noch wesentlich aufgeregter...
    Übrigens hat sich bereits heute meine Excel-Tabelle bezahlt gemacht. Die wenigen bisher verbauten Teile waren immerhin auf 6 Bögen verteilt. Und bei einem Teil bin ich zwischenzeitlich fast verzweifelt. Auf dem zweiten Bild, der Bugansicht, sieht man unterhalb der Teile mit den Ankerklüsen zwei schmale Streifen. Die Bauanleitung schweigt sich über die Nummer dieses Teils aber beharrlich aus. Immerhin sind die Nummern in ungefährer Reihenfolge ihres Anbaus vergeben. Ich habe daher im Ausschlussverfahren alle numerisch in der Nähe liegenden Teilenummern abgezählt und bin dann zu der Schlussfolgerung gekommen, dass das nur das Teil Nummer 46 sein konnte. Also hab ich in meiner Tabelle im Suchmodus die 46 gesucht. Kein Treffer. Hä? Ah, ja, stimmt, sind ja zwei Teile. In dem Fall heißen die Teile also 46l (links) und 46p (pechts). (Polnisch: prawo). Und schwupps, war der Bogen 13 gefunden!


    Immerhin sind es schon drei Bögen weniger. Aber das waren halt die mit den Spanten und den großen Plankenstreifen. Das geht nicht in dem Tempo weiter, dass die Zahl der Bögen abnimmt. Am Beispiel des weiter vorn bereits gezeigten Bogens 15 wird das deutlich: Von diesem nahm ich heute die Teile 23 bis 25 sowie 40 bis 44 - jeweils links und pechts - und die größte Teilenummer auf diesem Bogen ist die 466c.
    Das heißt, mit der Zeit werden die immer mehr ausfleddern - um so wichtiger und richtiger meine Idee mit der Tabelle. Und ich sortiere die Bögen auch jedesmal brav wieder ebenso vorsichtig wie gewissenhaft in der richtigen Reihenfolge in den Stapel ein. Das hat echt schon Buchhalter-Dimensionen - boh, so wollte ich nie werden!


    Der Rumpf ist nun rundrum zu, und die Bauanleitung zeigt mir, dass es jetzt bald Farbe ins Spiel kommt! Aber jetzt erstmal ein Blick auf den derzeitigen Stand.


    Welche ist die richtige Farbe? Es geht um das knallige Rot - mir persönlich ist das zu grell, und ich will gar nicht glauben, dass die Schiffe damals wirklich so angemalt waren. Mir schwebt da mehr so ein dunkler, gedeckter Ton vor. Bei dem kleinen Wagen, den ich für meine Werft gebaut habe, war in der Bauanleitung auch dieses leuchtende Feuerwehrrot angegeben; da habe ich zu "Eisenoxisrot" gegriffen, Acrylfarbe von Schmincke, und das hat mir gefallen. Jetzt habe ich am ersten Schott, das ich gebaut habe, mal ein paar Malproben gemacht.
    Aber zuerst zu dem Schott selbst. Wieder einmal toll, wie Shipyard auch bei solchen Teilen auf Kleinigkeiten achtet, die das Modell dann insgesamt aufpeppen:


    Das ist die Ausgangslage, die drei bereits aus dem Bogen gelösten Teile werden so zusammengefügt, dass das in der Mitte liegende Teil passgenau zwischen die beiden anderen geklebt wird. Anschließend werden die vielen kleinen Vierecke in die Vertiefungen geklebt, und am Ende entsteht so eine wunderschöne Optik:


    So, diese Schotts - es gibt da natürlich mehrere zu bauen - sollen rot angestrichen werden. Da man das hier später nicht mehr sieht (schade...) hab ich mal munter draufrumgemalert. Hier als erstes eine Gegenüberstellung der von Shipyard gewollten Farbe bzw. einer alternativen Farbe von Schmincke im selben Ton (Kadmiumrot mittel) rechts und meinem Eisenoxidrot links. Da sieht es mächtig braun aus, so im Gegensatz zu dem komischen Rot.


    Jetzt das Teil rumgedreht und wieder Eisenoxidrot drauf (rechts), aber als Kontrastprogramm direkt daneben ein dunkles Braun. (Vandyckbraun). Das nächste nennt sich dann Sienna gebrannt, ist aber eine halbtransparente Farbe, hierfür nicht so gut geeignet, geht gegenüber dem Eisenoxidrot auch mehr ins bräunliche.


    Nun täuscht ja so ein Foto nur die Realität vor - bei Tageslicht in life sieht das alles noch etwas anders aus. Ich tendiere jedenfalls zum Eisenoxidrot; fest steht, dass ich ums Verrecken nicht dieses grelle poppige Rot nehmen werde.

  • Schon naht die erste Krise:


    Wegen der Farbgebung bekam ich die Empfehlung eines modellbauenden Freundes: "Englisch Rot". Das mit dem Englisch Rot war aber keine gute Idee. Habe mir eine Tube der Firma Schmincke gekauft und mich dann zu Hause gewundert, warum die Farbe so komisch auf meine Verdünnungsversuche mit Wasser reagiert und wieso ich meinen Pinsel nicht sauber bekomme. Erst dann nahm ich wahr, dass es sich hier um Harz-Öl-Farbe handelt! (Der gute Mann hat sich dann heftig bei mir entschuldigt - er baut historische Schiffsmodelle aus Holz, da passt das wunderbar...) Ich arbeite ja nur mit Acrylfarben - und ganz ehrlich, so richtig überzeugt hat mich der Farbton auch nicht. Also bin ich doch zurück zu Plan B gegangen und habe mir mein Wunschrot zusammengemischt. Ein Drittel Eisenoxidrot und zwei Drittel Kadmiumrot mittel, beides Schmincke-Tuben, in einem sauber ausgespülten Farbfläschchen von Vallejo mit etwas Wasser gemischt - perfekt! Das sehr gut zu verschließende Fläschchen ist reichlich halb voll, das sollte für alle rot zu streichenden Teile reichen.
    Das war aber jetzt noch nicht die oben angekündigte Krise.


    Überhaupt, die Farbgebung: Während bei der Papegojan noch Beplankung und Decks in bedruckter Form vorlagen und teilweise auf lasergeschnittene Teile sauber ausgeschnitten aufgeklebt werden mussten, sind ja bei der Mercury alle Teile Lasercut und nicht bedruckt und müssen also angemalt werden. Spannend wird das bei den Decks. Nichts ist schwerer als einen guten Holzton hinzubekommen. Zwar waren ja bei den Schiffen unserer Zeit sehr viele Teile mit einem Farbanstrich versehen, aber eben nicht alle. Exemplarisch hierfür sind eben die Decks. Ich stand also vor der Aufgabe, den Decks einen Anstrich zu verpassen, der einer möglichen damaligen Realität so nahe wie möglich kommt. Ich gebe es zu: Mein erster Versuch war eine Katastrophe! Viel zu dunkelgelb, viel zu grell, viel zu unecht. Ich ärgerte mich maßlos über mich selbst und über die Tatsache, dass ich mich von einer nicht zu begründenden Ungeduld habe hinreißen lassen, gleich auf den Decksteilen zu streichen anstatt erst einmal eine Probebemalung an einem weißen Kartonstück zu machen. :cursing: Was also tun? Lasercut heißt ja nicht nur, dass die Teile mit dem Laser sauber ausgeschnitten sind. Lasercut heißt auch, dass feine Kanten, wie eben die Plankenstöße eines Decks, per Laser sauber in den Karton eingebrannt sind. Nach dem ersten Anstrich waren die auch noch richtig gut zu sehen - bis auf die Farbe sah es perfekt aus. Würde ein zweiter, den Farbton korrigierender Anstrich, diese angedeuteten Plankenstöße nicht zukleistern?
    Das war aber jetzt noch nicht die oben angekündigte Krise.


    An dem Problem dachte ich eine Weile herum und entschied mich dann für einen erneuten Anstrich. Ich mischte mir einen Farbton, der meinen Vorstellungen entsprach, probierte ihn auf Weiß und dann an den Stellen vom Hauptdeck, die später sowieso nicht mehr zu sehen sind. Das Ergebnis gefiel mir, auch wenn meine Plankenstöße nur noch arg blass vorschimmerten und die Nagelung und Dübelung der Planken erst recht. Egal, dafür gibt es ja hier im Forum reichlich Tipps, dachte ich mir. Also zog ich die Stöße mit einem ebenso harten wie feinen Druckbleistift nach. Die Dübelung hob ich dadurch hervor, dass ich die Spitze des Druckbleistiftes mit sanftem Druck (weil: Druckbleistift! ) an den entsprechenden Stellen in den Karton bohrte. Und das sah dann richtig super aus! (Zeige ich etwas später.)
    Nachdem ich nun also mein Deck gerettet hatte, konnte ich es endlich auf dem Rumpf anbringen. Weiter vorn sieht man ja, dass es bereits ein "Unterdeck" gab, auf das das "richtige" Deck aufgeleimt werden musste. Dieses untere Deck liegt auf den Kanten der Spanten auf - ich zeige hier nochmal das Spantengerüst, um das Prinzip zu zeigen - denn jetzt kommt gleich die Krise, die ich oben angekündigt habe:


    Und nun das "Unterdeck" drauf, das sah dann so aus:


    Jetzt also das richtige Deck da drauf. Ich also zwar sehr dünn, aber flächendeckend meinen guten Weißleim aufgetragen und dann ab an Deck mit dem Deck! Passgenauigkeit wieder super, alles toll, alles gut! Dann das Heckteil des Hauptdecks drauf, passt wunderbar, klasse! Auf diesem Teil hatte ich bereits das karierte Segeltuch für die great kabin aufgeklebt. Und dann nahm das Unglück seinen Lauf: Das Deck wellte sich! ;( Mir war sofort klar, was passiert war: Das Unterdeck war durch den Weißleim zumindest soviel aufgeweicht, dass es zwischen den Spanten, auf denen es aufliegt, leicht durchhing. Und da war sie jetzt, die Krise!
    Der Trocknungsprozess war schon so weit fortgeschritten, dass sich ein Runterreißen des Decks verbot. In so einem Moment macht sich Panik breit: Ziemlich zu Beginn gleich sowas! Mit zunehmendem Trocknungsprozess stellte ich aber fest, dass sich das Deck wieder glättete. Dennoch, ein paar leichte Wellen bleiben vermutlich.
    Im Nachgang ist man ja immer schlauer. Der Karton des "Unterdecks" ist der dickeste nicht. Hier wäre es sicher sehr hilfreich gewesen, diese Fläche vorher mit einem härtenden Lack zu behandeln. Ob ein anderer Kleber etwas gebracht hätte, wage ich zu bezweifeln, denn es ist
    letztendlich egal, mit welcher Substanz sich der dünne Karton vollsaugt und dann den Gesetzen der Schwerkraft folgt. Wichtig ist mir hier aber vor allem - und deshalb schildere ich das auch in aller Ausführlicheit - das andere Modellbauer, die sich auch für die Mercury von Shipyard entscheiden, an dieser Stelle bessere Entscheidungen treffen als ich.


    So, nun lasse ich deswegen den Kopf nicht hängen, und ich werde auch nicht das Feuerzeug an mein Modell halten. ^^ Wenn ich mir die Bilder des fertigen Modells auf der Shipyardseite anschaue, weiß ich, dass man von dem welligen Teil des Decks später so gut wie nichts mehr sieht. Zum Glück sind die Wellen ja nicht überall und auch nicht so extrem.


    So, was hab ich denn nun insgesamt geschafft außer dem welligen Deck? Im Heckbereich gibt es drei Schotts, zwei quer, eins längs, die wurden zusammengebaut - auch hier wieder diese wundervolle Optik, die ich ja bereits weiter vorn beschrieben habe - und dann mit meiner persönlichen Rot-Farbe angemalt. Ein paar Türen hab ich auch noch gebaut. Das Anmalen nimmt enorm Zeit in Anspruch, aber es soll ja gut aussehen, und die habe ich mir genommen. Tja, und so sieht es nun aus:


    Auf diese fleckige Linie vorn kommt auch noch ein Schott und dann kommt da das Vordeck drüber. Also keine Panik. An Deck liegt eine fertig bemalte Tür, drei andere liegen da hinten, noch nicht fertig bemalt.
    So, und ab jetzt keine groben Fehler mehr!


    Noch rechtzeitig habe ich entdeckt, dass es zu den Türen der Schotts auch "Fensterscheiben" gibt - hatte mir schon überlegt, wenigstens für die Türen, die nach außen zum offenen Deck hingehen, da etwas aus Folie zu schnitzen. Aber es ist ja alles da in diesem Bausatz! :rolleyes:
    Also frisch ans Werk.
    Die Tür. Ja, wie baut man denn sowas in Karton? Das will ich heute mal zeigen, einfach um zu verdeutlichen, wie so scheinbar belanglose Kleinigkeiten doch interessant daher kommen können.
    Heute baue ich eine Tür, die unter das Vordeck führt, also am fertigen Modell gut zu sehen ist, weshalb auch besondere Sorgfalt angebracht ist. Von den insgesamt 12 Türen, die das Modell hat, gilt das übrigens für 8. Also dass sie später auch noch zu sehen sind.
    Das Prinzip ist einfach: Drei Kartonteile müssen übereinander geklebt werden, dann gibt es noch ein bissel was zum Aufwerten - fertig. Fangen wir also an:
    Zuerst einmal färbe ich die Kanten des Fensterkreuzes, da man dort später, nach dem Zusammenkleben, schlecht ran kommt. Ebenso färbe ich schon mal ein paar andere Stellen - warum, wird später deutlich.


    So, das Auslösen aus dem Lasercutbogen geht schnell. Die kleinen Vierecke am unteren Bildrand des obigen Fotos werden später auch noch gebraucht.


    Am Mittelteil erkennt man übrigens gut, dass die Linien nicht nur aufgedruckt, sondern mittels Laser eingraviert sind und bei nicht zu dicker Bemalung das machen, was sie machen sollen: Auch nach der Farbgebung sichtbar sein.
    Jetzt klebe ich die ersten beiden Teile zusammen.


    Dreht man das jetzt um, erkennt man, dass um das Fensterkreuz ein tieferstehender Bereich ist. Und genau für diesen gibt es auf einem speziellen Folienbogen vorgestanzte Teile. Nur noch das passende Teil herausbrechen...


    ... und in das Fenster schieben: Passt perfekt und ist auf diesem Bild fast nicht mehr zu sehen:


    Jetzt klebe ich die andere Seite des Türblattes auf.

  • Nun wird auch deutlich, warum da schon mit Farbe gekleckst wurde - es gibt ja noch ein Intarsien-ähnliches Teil auf jeder Seite zu verbauen:


    Nun folgt die Farbgebung. Wichtig ist, dass man die Farbe nicht zu dick nimmt, aber auch nicht zu dünn. Das sagt sich so leicht und klingt so banal, aber so manches an sich gute Modell verliert erheblich durch zu dick aufgetragene Farbschichten an Qualität. Ich finde, dass man durchaus sehen kann, dass da nicht mit der computergesteuerten Lackiermaschine gearbeitet wurde - das widerspräche ja auch völlig den historischen Gegebenheiten. Aber auch die Seeleute aus "unserer" Zeit wussten einen Pinsel sorgsam zu führen.
    Das Ergebnis meiner Bemühungen liegt auf der Hand.


    Jetzt sieht man auch sehr schön, dass da eine Fensterscheibe drin ist. So, nach diesem Prinzip wurde dann auch das Schott unter dem Vordeck, für das diese Tür gefertigt wurde, hergestellt. Dieses Schott ist mittlerweile auch an seinem Platz:


    Und keine Bange, ich zeige jetzt nicht für jede Tür extra den Produktionsprozess.
    Übrigens: Für so eine kleine Tür kann man schon mal eine knappe halbe Stunde Zeit veranschlagen.
    Die 4 Türen, die später so gut wie nicht mehr zu sehen sein werden, hatte ich bereits fertig - wie bereits weiter vorn berichtet ohne Fensterscheiben, da ich dummerweise nicht beachtet hatte, dass es entsprechende Teile in dem Baukasten gibt. :S Aber mein Baubericht soll ja auch anderen Modellbauern, die die Mercury bauen wollen, Hilfe und Anregung sein, also halte ich meine kleinen Pannen auch nicht geheim.
    Hier nun diese 4 Türen im Einsatz:


    Und dann kam schon wieder ein Problem - dazu aber mehr im nächsten Posting.

  • Weiter geht's. Mein nächstes Problem habe diesmal nicht ich verursacht, sondern Shipyard. Es geht um die Relingstützen.
    Die Stützen sind durchnummeriert von Teil 29 bis Teil 33. Logischerweise gibt es jede Stütze zweimal, mein Schiff hat ja auch zwei Seiten.
    Weiter vorn hatte ich etwas zu den Bögen gesagt. Die Teile einer Baugruppe sind oftmals über mehrere Bögen verteilt; das hat zum einen was mit platznutzender Aufteilung und zum anderen vor allem mit notwendigen unterschiedlichen Kartonstärken zu tun. Da kann es schon mal sein, dass man Teil 520a auf Bogen 13, Teil 520b auf Bogen 19 und Teil 520c auf Bogen 29 findet.
    Die Relingstützen sind recht einfach: Jeweils ein kompletter Satz findet sich auf Bogen 27 und 29. Das sieht dann so aus:


    ...und das sieht auf dem anderen Bogen so aus - hier hatte ich schon alle Stützen fertig:


    Schon beim Zusammenbau der zweiten Stütze Nummer 29 kam es mir komisch vor - und zu Recht. Die beiden Kartonbögen hatten - warum auch immer - eine geringfügig voneinander abweichende Stärke, was sich dann durch das Aufeinanderkleben der beiden Teile natürlich noch verstärkt hat und im Ergebnis so aussieht:


    Die Stützen müssen an Deck in diese vorgesehenen Schlitze:


    (Hier sieht man jetzt sehr gut, wie das Deck nach meiner oben beschriebenen Spezialbehandlung aussieht.)


    Tja, auf einer Seite schlackert die Stütze leicht hin und her - kein Problem, welches mein Kleber nicht lösen könnte - aber auf der anderen Seite muss ich entweder an dem Schlitz oder an der Stütze schnitzen, damit sie reinpasst. Also entweder wurde im Werk bei der Kartonstärke daneben gegriffen, oder aber es wurde vergessen, die Teile entsprechend zu benennen, damit klar ist, dass man für die benötigte Stärke ein Teil 29 von Bogen 27 und ein Teil 29a von Bogen 29 braucht. Ich tippe ja eher auf erstere Variante.
    Kein unlösbares Problem, aber doch ärgerlich, zumal es den bisher durchgängig positiven Eindruck von diesem Bausatz ein klein wenig schmälert. Hoffen wir mal, dass da nicht noch mehr Klopse kommen.
    Aber, aber, aber: Der Spaß an diesem Modell ist ungebrochen! Die Mercury ist zwar eine echte Herausforderung, zumal die Bauanleitung in keiner Weise Antworten auf alle Fragen gibt. Stört mich aber wenig - ich bin sehr optimistisch, dass mir ein für meine Fähigkeiten spitzenmäßiges Modell gelingen wird.

  • So, mal zwischendurch kurze Füllfunk-Reaktion meinerseits. Ich hoffe, es sind jetzt alle Bilder sichtbar. Im ersten Beitrag sind es zwei, exakt.
    Tja, Fritz, das ist für mich mittlerweile schon der vierte Umzug dieses Berichtes - was soll's. Man fertigt ja von allen wichtigen Dingen Sicherheitskopien, gelle? frech 1


    Klueni: Was stellst du dein Licht unter den Scheffel? Ich sehe grad, dass du dich auch an ein Shipyard-Modell in 1:72 wagen willst, ich bin begeistert! freu1


    @Rolf: Ich hätte mir noch vor gar nicht langer Zeit auch nicht träumen lassen, dass ich mich mal an ein Shipyard-Modell wagen würde. Nur Mut - du weißt ja, Mut ist Dummheit der Ahnungslosen. grins 1 Mir jedenfalls hat dieser Denkansatz geholfen. frech 1

  • Einen Tag später war ich Bonden, der Trempelritter. grins 1


    Nachdem ich die Relingstützen mit den weiter vorn beschriebenen Problemen angebracht hatte, konnte ich die erste Lage Bordwand anbringen:


    Man sieht, das ist relativ dünner Karton, macht aber nix, denn später wird davon nichts mehr zu sehen sein. Meine aktuelle Aufgabe bestand jetzt darin, die innere Bordwand anzubringen. Diese besteht aus 9 Teilen auf jeder Seite, wie man leicht durch Abzählen der von den Schotts und den Relingstützen gebildeten Abschnitte herausbekommt. Und da kommen jetzt die Trempelrahmen ins Spiel! Laut Bauanleitung soll man die erst zusammenbauen und dann an die dünne "Hilfsbordwand" kleben, um danach die inneren Bordwandteile anzubringen. Ich hab das an Steuerbord ganz vorn versucht und war mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Das war mir zu kompliziert, zu unlogisch und zu unsauber. Also entschied ich mich, die Rahmen direkt auf den inneren Bordwandteilen zu bauen.
    Dazu muss gesagt werden, dass die Trempelrahmen hier nicht die innere Umrandung der Stückpforten bilden, sondern im Prinzip nur der Abstandshalter zwischen innerer und "Hilfs-"Bordwand sind. Das macht es nicht unbedingt einfacher... Ein erster Versuch sah so aus:


    Von vorn recht hübsch anzusehen:


    Und einmal Probestecken an Deck:


    Na, das sah doch schon gut aus! Also frisch ans Werk. Insgesamt sind 24 Stückpforten zu versorgen; jeder Rahmen besteht aus vier dünnen Kartonstreifen, und für jeden Rahmen gibt es extra nummerierte Streifen, obwohl fast alle identisch aussehen! Die Produktion ging in Serie:


    Nun noch hübsch rot anmalen, und dann anbringen. So leicht... klingt das. In der Theorie. Die Praxis aber: Es wurde ein lustiges Gemetzel!
    Ich habe ja von den zu dicken Relingstützen berichtet. Die führten dazu, dass die Bordwandteile nicht passten, ich musste die meisten mit dem Messer bearbeiten. Und nicht nur das: die hinteren Schotts musste ich ebenfalls sowohl von der "Hilfsbordwand" als auch teilweise vom Deck lösen, um alles irgendwie passend zu machen. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe es irgendwie geschafft! Die Teile für die äußere Bordwand hatte ich zwischendrin dann schon mal aus dem entsprechenden Bogen geholt, um durch Anhalten immer wieder zu schauen, ob es denn auch nach Anbringen dieser finalen Stücke gut aussieht. Es sieht, da bin ich mal ganz sicher! Auf jeden Fall sieht das Schiffchen jetzt so aus:


    Die Bauanleitung meint, dass ich jetzt bald das Vordeck und das Achterdeck aufsetzen soll. Einen Teufel werde ich tun! Bevor ich das mache, will ich rumpftechnisch bedeutend weiter sein, denn wenn ich die Decks schließe, muss ich vorher die darunter stehenden Kanonen einbauen.
    Und damit will ich mir noch Zeit lassen.

  • Diese hässlichen Löcher an Deck sind jetzt endlich ordnungsgemäß verschlossen. Und an Backbord habe ich mal mit der Zweitbeplankung begonnen - so langsam sieht es immer mehr nach Schiff aus.


    Dann ging es weiter mit der Rumpfbeplankung, Phase 2. Der Rumpf bekommt ja drei Beplankungsschichten, ab der Wasserlinie sogar vier (Kupferung). Die erste Schicht ist ja bereits drauf, das waren die senkrechten Streifen zwischen den Spanten. Nun also die Zweitbeplankung, hier sind jeweils drei bis fünf Planken in einem breiten Streifen zusammengefasst. Auch diese Teile sind gelasert, was sehr wichtig ist. Die Planken sind eingraviert, so dass man die Streifen sehr gut vorbehandeln kann, bevor man sie anbringt. Ich nehme dazu ein ausgedientes Eßstäbchen aus dem Lieblings-China-Restaurant und bringe den Karton in Form:


    Den Weißleim trage ich mit einem breiteren Pinsel auf, das geht schneller als mit der Zahnstochermethode und ist für so relativ großflächige Teile ideal. Wichtig ist, mit jedem einzelnen Teil vorher eine "Trockenprobe" zu machen, so erkennt man, wo es Störungen gibt. Ich habe auf die Art eine kritische Stelle gefunden, an der ich mit einer Nagelfeile einen Spant etwas abgehobelt habe, weil ansonsten eine zu große Lücke zwischen zwei Teilen entstanden wäre. Insgesamt sind auf jeder Seite 14 dieser Teile anzubringen; jede "Etage" besteht aus zwei Teilen. Nach knapp drei Stunden konzentrierter Arbeit sieht die Mercury so aus:


    (Komisch, beim Runterrechnen der Bilder entstehen manchmal so komische Strichellinien... Schade.)


    Die Drittbeplankung wird dann ganz traditionell Planke für Planke realisiert. Ob und wenn ja was ich da noch vorbereitend mache, weiß ich noch nicht. Es gibt da nämlich unter Umständen ein Problem:
    Die größte Herausforderung bei einem Schiffsmodell aus Karton ist bekanntlich, die Rumpfform flüssig und gefällig, ohne hässliche Kanten hinzubekommen. Da sind die "Holzwürmer" unter den Modellbauern klar im Vorteil - Papier sucht sich ob seiner fragilen Konsistenz viel leichter den kürzesten Weg zwischen zwei Punkten als Holz. Ich hoffe, ich kann mich im Folgenden verständlich machen: Die Spanten (siehe Seite 1 dieses BB) haben einen gewissen Abstand zueinander. Die aus relativ dünnen Kartonstreifen (eher ein wenig dickeres Papier) bestehende Erstbeplankung hat die Kanten der Spanten auf direktem Weg miteinander verbunden - oberflächlich betrachtet eine runde Sache, bei genauerem Hinsehen aber doch im um 90° gedrehten Wasserlinienschnitt ein Vieleck. Die Zweitbeplankung besteht aus - im Vergleich zur ersten Schicht - dickerem Karton, ca. 0,5 mm. Der gleicht zwar das Niveaugefälle zwischen den Spanten etwas aus, aber man sieht dennoch noch immer sehr deutlich, wo die Spanten sitzen. Die große Frage ist nun: Werden die einzelnen Planken der Drittbeplankung (ebenfalls ca. 0,5 mm) diese derzeit gut sichtbaren Dellen verschwinden lassen? Spannende Frage!
    Ich denke auch über ein Spachteln des Rumpfes nach, kann mich aber aus mindestens zwei Gründen nicht so recht mit dieser Variante anfreunden: Zum einen ist da die äußere Bordwand. Diese Teile sind schon das Finale, da kommt - außer Farbe und hier und da noch dies und das - keine weitere generelle und durchgehende Schicht mehr drauf. Das heißt, ich müsste das beim Spachteln und vor allem beim späteren Schleifen sehr gut schützen. Zum anderen das, was dann passiert: Bis jetzt waren die Beplankungsteile von der Passgenauigkeit sehr gut. Mit einer Spachtelung verändere ich zwangsläufig Abmessungen, und selbst bei sorgfältigster Arbeit ist nicht ausgeschlossen, dass die Oberfläche des Rumpfes nicht mehr so homogen ist, wie es für die Drittbeplankung nötig ist. Die Gefahr, dass es dann ungewollte Lücken zwischen den Planken gibt, ist real und begründet sich auch aus Erfahrungswerten: Bei der Papegojan habe ich auch den Rumpf nach der Erstbeplankung gespachtelt. (Dort gab es nur zwei Schichten.) Nach der Zweitbeplankung kam mir nur der Umstand zu Gute, dass auf jeden Stoß zwischen den Plankenteilen ein Barkholz das Schlimmste verdeckt hat. Die Niveauunterschiede waren teilweise doch recht krass. (Jetzt, wo das hübsche Pinassschiff fertig ist, kann ich es ja verraten.)
    Mein Optimismus sagt mir, dass die bei Shipyard nicht umsonst drei Beplankungsschichten vorgesehen haben und es sich dann auch erledigt hat mit den Dellen durch die Spanten. Vielleicht schneide ich mir ja aus einem der Plankenbögen vom Rand einen plankenähnlichen Streifen ab und klebe ihn mal probeweise an, um zu sehen, wie das dann aussieht. Runtergefetzt ist der dann schnell. Um auch mal zu zeigen, was ich meine, habe ich mal ein Foto mit dem bösen Blitz gemacht. Stört euch mal nicht an den Strichellinien, schaut in Richtung Heck, da wird es, glaube ich, deutlich, wo mein Problem liegt:


    Das Herumdenken hat dann später zu einer möglichen Lösung geführt - allerdings nicht zu der, die das Problem wirklich löst. Ich habe Papierstreifen in die durch die Spantenkanten gebildeten Dellen geklebt, in der Hoffnung, dadurch die Niveuaunterschiede auszugleichen. Im Ergebnis muss ich leider sagen, dass das nur zum Teil gelungen ist. Nach den ersten beiden Planken sah noch alles gut aus, aber dann wurde es doch deutlich, dass leichte Unebenheiten noch immer zu sehen sind. Aber kein Grund, den Kopf hängen zu lassen: Ich bin mittlerweile mit der Drittbeplankung auf der Steuerbordseite zu gut zwei Dritteln fertig, und auf den Großteil dieser Arbeit kommt ja dann noch die Kupferung. Das bietet mir die Chance, da vorher noch was am Untergrund zu machen. Die Backbordseite habe ich nach diesen Erfahrungen einer Sonderbehandlung unterzogen, die noch nicht beendet ist. Darüber berichte mal besser erst, wenn sie abgeschlossen ist und - hoffentlich - zum Erfolg führt.
    Nachdem ich also brav Planke für Planke geklebt habe und immerhin von den 28 Stück - wobei jede aus zwei Teilen besteht - stolze 16 verarbeitet sind, hatte ich dann erst einmal darauf so gar keine Lust mehr. Aber ich hatte Lust auf Schiffchen bauen. Zum Glück gibt es ja genug zu tun, also habe ich mich mal mit ein bissel Kram für das Hauptdeck beschäftigt. Da gibt es Dinge, deren Sinn sich mir im Moment noch nicht so richtig erschließt, weil ich auch keine Lust auf Bücherblättern hatte - ich wollte einfach nur was bauen! Andere Dinge wiederum sind völlig klar: Getreu dem Motto "Wie die Verpflegung, so die Bewegung." gehört die Kombüse ausgerüstet! Also wurde der Ofen gebaut und dazu gehörend auch der Rauchabzug. Die Rohfassung sieht so aus:


    Der aus 29 Einzelteilen bestehende Ofen ist derzeit mein Lieblingsteil.

  • Und nun den Pinsel geschwungen!


    Und noch mal den Zoom auf den Ofen:


    So, und jetzt kommt die Horrormeldung schlechthin: Dieses Schmuckstück verschwindet später unter dem Vordeck! Von seiner Existenz zeugt nur der hier noch rechts neben ihm stehende Rauchabzug.
    Ein ähnliches Schicksal wartet übrigens auch auf das Gangspill - das wird dann unter dem Achterdeck zu finden sein. Aber immerhin kann man es noch sehen, wenn man sich etwas verbiegt, denn es steht unter dem offenen, vom Achterdeck überdachten Bereich des Hauptdecks.


    Und da ich nun mal die Farben draußen hatte, habe ich noch ein wenig am Rumpf rumgemalt:


    Die spätere Kupferung setzt übrigens unterhalb der ersten Planke unter dem breiten schwarzen Streifen an.


    Dann mal noch ein paar sonstige Bemerkungen: Dieser Shipyard-Bausatz ist echt toll, aber auch nicht frei von Fehlern. Die Bauanleitung zeigt hier und da Teile, die es auf den Bögen definitiv nicht gibt. Zumindest nicht unter der genannten Nummer, und zumindest einmal ist es mir passiert, dass das Teil echt nicht vorhanden war, obwohl die Bauanleitung es zeigt. Manchmal fehlt auch was, wie zum Beispiel bei dem Gangspill, was ich heute gebaut habe. Den oberen Abschluss, also einfach nur eine kleine runde Scheibe, sucht man auf den Bögen vergebens. Wird auch in der Bauanleitung nicht gezeigt, dass es da was gibt - allerdings hat das Spill auf einem Foto in der Anleitung sehr wohl einen "Deckel". Also heißt es, sich freihändig ein passendes Teil zurecht zu schneiden. Manche Teilebezeichnungen sind schlichtweg falsch, und je weiter der Bau vorangeht, was auch heißt, dass es insgesamt komplexer und schwieriger wird, um so öfter schweigt sich die Bauanleitung über bestimmte Dinge aus. Aber ich sehe das gar nicht verbissen. Manch einer meint vielleicht, so ein Lasercut-Baukasten sei ja leicht, einfach nur Teile aus dem Bogen brechen, zusammenkleben - fertig. Nun, der hat sich mal gründlich geirrt. Die Mercury ist schon eine echte Herausforderung, und ich bin froh, dass ich mit der Erfahrung von 5 Schreiber-Schiffsmodellen und der Shipyard-Papegojan wuchern kann, denn ohne das wäre ich bereits zum gegenwärtigen Stand gründlich baden gegangen. Und dass nicht jede Frage durch die Bauanleitung beantwortet wird, betrachte ich als Herausforderung; das erhöht den Spaßfaktor ungemein - und genau deshalb baue ich ich ja Schiffsmodelle aus Karton: um Spaß zu haben!


    Dann ging es weiter mit der Reihe "Teile, die die Welt nicht sieht". Mein Kapitän benötigt ja ein paar Möbel in seinem Bereich. Zum Beispiel eine Kommode für die Admiralitätsorder und das Signalbuch und das Logbuch und seine Wechselsocken. Die 5 Teile 83a und die frei herumliegenden Teile sollten dafür reichen:


    Dann noch ein Tisch, zwei Stühle, ein Sofa und ein Bett:


    Was im Vordergrund so unscharf rumliegt, sind die Polster für Stühle und Sofa. Mit Farbe sieht es dann so aus:


    Tja, sieht alles schick aus und verschwindet dann später in der großen Achterkajüte. Das Bettgestell kommt ja in die kleine Kabine neben der great cabin, ist später also erst recht nicht zu sehen. Aber egal - ich weiß, dass das da steht, und das ist wichtig!

  • Üblicherweise beginnt der Bau eines Schiffes mit der Kiellegung. Hier ist es etwas anders. Den Kiel hab ich erst zu diesem Zeitpunkt gelegt.


    Zur Erklärung: Der Kiel besteht bei der Mercury aus vier Teilen, welche man durch Zusammenkleben von jeweils 5 Lagen Karton herstellt. Das Ruder, das nur aus 4 Lagen besteht, hab ich auch gleich mal mit fertiggestellt. Und die Teile sind hier nur zusammengelegt, also noch nicht miteinander verbunden. Kiel-Legung eben. grins 1
    Und dann war ich neugierig: Wie wird wohl die Kupferfolie im Einsatz aussehen? Als ich die dem Bausatz beiliegende Rolle näher in Augenschein nahm, stellte ich fest, dass es sich um selbstklebende Folie handelt! Das ist gut und schlecht gleichermaßen, befürchte ich: Gut, weil man nicht mit irgendeinem stinkigen Kleber hantieren muss, schlecht, weil sich, im Gegensatz zur Klebervariante, nur schwer Korrekturen einer einmal gesetzten Platte vornehmen lassen werden. Aber was soll's - es wird schon werden.
    Nun musste es aber auch wenigstens einmal ausprobiert werden! Also dann:


    Weiter vorn schrieb ich:

    Zitat von Bonden

    Ich bin mittlerweile mit der Drittbeplankung auf der Steuerbordseite zu gut zwei Dritteln fertig, und auf den Großteil dieser Arbeit kommt ja dann noch die Kupferung. Das bietet mir die Chance, da vorher noch was am Untergrund zu machen. Die Backbordseite habe ich nach diesen Erfahrungen einer Sonderbehandlung unterzogen, die noch nicht beendet ist. Darüber berichte mal besser erst, wenn sie abgeschlossen ist und - hoffentlich - zum Erfolg führt.

    Dann will ich mal berichten: Die Steuerbordseite wollte und wollte mir nicht gefallen - also hab ich zum Feinspachtel gegriffen. Vorher wurde der breite schwarze Streifen sauber abgeklebt. Nach dem Spachteln und vor dem Schleifen sah es schlimm aus:


    An diesem Tag war es draußen ungemütlich, kalt und windig. Gutes Wetter zum Rumpf schleifen! In den Wind stellen und dann das Sandpapier bewegt, und aller Staub weht davon. Danach dann Rumpf streichen, gucken, nachschleifen, nochmal streichen. Und immer daran denken: Viel mehr als die erste Planke unter dem breiten schwarzen Streifen ist nach dem Kupfern nicht mehr zu sehen. Also diese Seite des Rumpfes ist zum Kupfern bereit, habe ich mal beschlossen:


    Wenden wir uns als der Backbordseite zu. Hier hatte ich mit farblosem Latex experimentiert. Den hab ich großzügig auf die Dellen zwischen den Spanten aufgetragen. Nach dem Durchtrocknen wurde auch hier heftig geschliffen (Latex leistet enormen Widerstand gegen jegliche Versuche, ihm mit Sandpapier zu Leibe zu rücken!), und dann beschloss ich, es mit der Drittbeplankung zu versuchen. Das Ergebnis hat mich gleichermaßen überrascht wie überzeugt. Nach mehreren Farbanstrichen und zwischenzeitlichen sanften Schleiforgien fiel der endgültige Beschluss, dieser Schiffsseite den Feinspachtel zu ersparen.
    Somit war der Zeitpunkt gekommen, den Kiel, den ich, wie oben gezeigt, ja schon mal gelegt hatte, am Schiff zu befestigen. Und da der Schiffsschnabel bereits den künftigen Sitz der Galionsfigur hat, wurde der goldene Mann zum Probesitzen eingeladen:

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