Segelflugmodell "Albsperber", Modellkonstruktion Karl Schmid 1936/37, Umbau auf RC Höhe/Seite R. Thomas 2015

  • Hallo zusammen, hallo Andreas (OldieAndi),


    neben dem Kartonmodellbau brennt seit Kindertagen ein zweites Feuer in mir und ist nie erloschen, der Segelflugmodellbau.
    In der ehemaligen DDR ein beliebtes Hobby, verließen in den 60iger Jahren einige Freiflugmodelle mein Hellingbrett.
    Die Materialien: Kiefernleisten, Sperrholz, Leim, Spannpapier, Spannlack.
    "Gesteuert" wurde mit Gottvertrauen oder einer "Thermikbremse".
    Gott war oft ungnädig, die "Thermikbremse weniger.
    Diese funtionierte derart, dass nach einer "Sollzeit" das Höhenleitwerk etwa 50° nach oben klappte und das Modell in einem mehr oder weniger kontrollierten Sinkflug zu Boden kam.
    Klapp-Drehpunkt war die Nasenleiste.
    Die "Sollzeit" wurde durch die Länge einer Zündschnur vorgegeben.
    Diese Zündschnur - um zwei Drahthaken gewunden, einer im Rumpfende, einer an der Höhenleitwerk-Endleiste befestigt - hielt das mit einer Flachfeder vorgespannte Höhenleitwerk in Flugposition.
    Nach Zündung der Schnur galt es dann, dass Modell zügig in die Luft zu bringen...


    Gemäß der üblichen Modellbauer-Vita wurden mit Erreichen des Ausbildungsalters die Flammen aber schnell kleiner (nicht die der Zündschnur)
    Die Jahrzehnte vergingen, eine Glut hielt sich immer.


    01.05.2014, Kottspiel, Nähe Schwäbisch-Hall, Saisonauftakt Antik-Modellflugfreunde Deutschland e.V.
    Roland, zufällig mit dem Kraftwagen durch die Lande zirkulierend, sieht im Sonnen-Gegenlicht einen vertrauten Anblick am Firmament - langsam dahingleitende Segelflugmodelle, transparente Rümpfe und Tragflächen, edle Innereien aus Spanten, Rippen....


    Akuter Virenbefall!


    Februar 2015 - alles war noch erhältlich, Kiefernleisten, Sperrholz, usw. - war die Werkstatt im Keller eingerichtet und eine Entscheidung getroffen: der "Albsperber" sollte es sein, nahezu getreu nach Bauplan von 1937.
    Einst als reines Freiflugmodell konzipiert, konstruierte ich ein wenig um und spendierte dem Flieger RC gesteuerte Höhen- und Seitenruder.
    Das Höhenleitwerk wurde dabei als Pendel-Leitwerk ausgeführt was heißt, dass Höhenleitwerk besitzt keine separaten Klappen, sondern wird komplett um einen Drehpunkt geschwenkt.


    Die RC-Komponenten:
    Sender Graupner Hott MX 12
    Empfänger Graupner GR 12 Hott
    2x Graupner Servo 231 BB
    Stromquelle E-JR 4/800 Eneloop Akku


    Der Ur-Bauplan.








    Soviel für heute!



    Viele Grüße
    Roland

  • Hallo Roland,


    das, was da werden wird, durfte ich ja schon in Händen halten. Allen Mitlesern kann ich nur raten, an diesem BB dranzubleiben. Es lohnt sich!


    Die Faszination, die diese Antik-Flugmodelle ausüben, verstehe ich nur zu gut. Auch gegen diesen Virus ist kein Kraut gewachsen. Die einzige Möglichkeit der Linderung besteht nur in der Hingabe.


    Beim Bauplan gefallen mir vor allem zwei Dinge: Der Name des Modells (immerhin ein Sperber von meiner inniglich geliebten Alb) und der Herausgeber des Plans. Damit darf man guten Gewissens auch in diesem Forum auftreten. grins 2


    Schöne Grüße
    Andreas

    Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein.
    Goethe


    Es strebt der Mensch, so lang er klebt.
    Fast Goethe

  • Hallo Roland,
    Deine Begeisterung für den Modellflugzeugbau kann ich gut verstehen.
    Etwa 1940 begann ich mit meinem ältesten Bruder solche Modelle zu bauen, damals auch mit Kiefernleisten und Sperrholz . Nach Kriegsende
    gab es dann Modellbausätze mit Balsholz.

  • Hallo Andreas und Albrecht!


    @ Andreas: inzwischen hat der "Albsperber" auch seinen Jungfernflug absolviert, die letzten Tagen waren ideal für diesen Zweck und...ich bin begeistert, mit welcher Langsamkeit das Modell dahingleitet.


    @ Albrecht: die Hardliner unter den Modellfliegern - da zähle ich mich auch dazu - schmähen Balsaholz noch heute wo es geht.
    Aber manchmal erliege auch ich den Vorteilen diese Holzes, so auch bei diesem Modell. Zwei Verkleidungsteile am Seitenleitwerk wurden aus Balsa gefertigt.



    Vielleicht noch ein paar Worte zur Vorgehensweise:
    Baut man vom Bauplan ist eine der mühsamsten Arbeiten, das Übertragen der Einzelteile vom Bauplan auf die jeweiligen Sperrholzplatten.
    Dazu werden bei mir der Bauplan kopiert, die Einzelteile ausgeschnitten und die Konturen auf das Holz übertragen.
    Die verwendeten Sperrholzdicken sind: 1,0; 1,2; 2,0 und 5,0mm
    Ausgesägt wurden die Teile ausnahmslos mit der Laubsäge.
    Als Kleber fand hauptsächlich Ponal Verwendung, vereinzelt UHU-Hart.
    Das Bespannungsmaterial ist Bespannvlies, bestehend aus thermisch gebundenen Polyesterfasern mit Länsstruktur:
    Flächengewicht 24g/m², Rohdichte 0,55g/cm³, Dicke 0,044mm.
    Diese Bespannung wird mit Spannlack verklebt und mit einem Haarfön erwärmt und so dauerhaft gespannt.
    Danach machen sich ca. zwei bis drei Lackierung mit Zaponlack zum Füllen der Poren erforderlich.
    Abschließend sind kreativen Lackierungen keine Grenzen gesetzt.


    Der Schwerpunkt liegt ca. 80mm hinter der Tragflächenvorderkante und erforderte ca. 120g Gewichtszugabe, die überwiegend den im Heck zusätzliche verbauten Teilen für das Pendelleitwerk geschuldet sind.
    Das Modell-Fertiggewicht beträgt 1930g.


    Da ein Baubericht nie beasichtigt war, wurde von mir der Bauverlauf nur sporadisch dokumentiert.
    Die folgenden Bildstrecken zeigen wesentlich den Bau des Rumpfes und des Leitwerkes, sowie das fertige Modell.


    Bau des Rumpfes:






  • Eine Besonderheit bei diesem Modell ist die Befestigung der Tragflächen.
    Zwei verstellbare Wurzelrippen - darin sind auch die Steck-Zungen verleimt - werden mit dem Rumpf verschraubt und ermöglichen so eine Justierung der Tragflächen-Anstellwinkel.


    Bilder von der Fertigung des Seitenleitwerks und weitere Arbeiten am Rumpf.






  • Servus Roland,


    das ist einmal ein ganz außergewöhnlicher Baubericht! cool1


    Die Bilder erinnern mich an meine eigene Jugendzeit, als mich selbst im Flugmodellbau versucht habe. Allerdings war ich damals wohl zu ungeduldig und meine Modelle sind nie wirklich gut geflogen.


    Umso mehr freut es mich, dass auch heute noch diese schönen Holzmodelle gebaut werden. beifall 1

    Herzliche Grüße / Best regards,
    Andreas

    Optimismus ist die Kunst, mit dem Wind zu segeln, den andere machen.
    Alessandro Manzoni (1785 – 1873)


    Buddys Kartonuniversum

  • Hallo Andreas,


    natürlich ist dieser Modellbau sehr von Bestrebungen geprägt, vor allen alte Modellbautechniken zu pflegen und über Generationen hinweg zu erhalten.
    Schwerpunkt und Genuß liegen auf dem Bau der Modelle und der Pflege des Handwerks.
    Jedenfalls freut es mich, im Forum überhaupt Resonanzen zu erfahren.
    Ich vermutete, der olle Schrott interessiert keinen.


    Viele Grüße
    Roland

  • Hallo Roland,


    dieser olle Schrott war mal sehr modern und "IN".


    Das waren Dampfloks auch. Solche Sachen sind einfach das Salz in der Suppe des Modellbaus und vor allem des Lebens.


    Danke für die Bilder und die Erklärungen.


    PS: Ich habe mal die Bilder eingefügt. Das war ein wenig Kraut und Rüben...

  • Vielen Dank Andy,


    das Einstellen der Bilder hatte gerade eine beängstigende Eigendynamik entwickelt.


    Solche Sachen sind einfach das Salz in der Suppe des Modellbaus und vor allem des Lebens.

    Tatsächlich spiegelt das immer ein Stück ganz persönlicher Geschichte - good vibrations!



    Viele Grüße
    Roland

  • Wie geil ist denn das? Du entführst mich in meine frühe Jugendzeit. Da haben wir alles was fliegt und für unser Budget zahlbar war von Graupner und Robbe gebaut (und das war wenig, vor allem wegen dem Budget.) Aber wir haben die Dinge endlos wieder nach jeder Bruchlandung geflickt und wieder die Flügel neu bespannt und nochmals etwas ausgebessert, bis kaum mehr ein Originalteil mehr dran war. Aber hat unendlich Spass gemacht!


    So etwas geniales haben wir natürlich nie gebaut. Aber ich bin ab sofort Gast hier!


    Freundliche Grüsse
    Peter

  • Hallo Roland,


    das ist Modellbau und Könnerschaft von der allerfeinsten Sorte! klasse1
    Wenn ich bedenke, wieviel Erfahrung, Geduld und Mühe da drin stecken - Respekt. Und es ist einfach nur schön.


    Viele Grüße
    Andreas

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  • Hallo zusammen,


    zunächst ganz herzlichen Dank für Euer Interesse, die Zuschriften und natürlich die zahlreichen gehobenen Daumen.


    @'Peter_H: es freut mich immer wieder bestätigt zu sehen, dass Kinder- und Jugendzeiten oft von sehr ähnlichen Interessen und Aktivitäten geprägt waren und sind.
    Allerdings erforderten auch damals auch bei mir die teilweise beachtlichen Preise für Material oder gar Bausätze mitunter sehr kreative Geld- bzw. Materialbeschaffungsmaßnahmen grins 2
    Bei den Besitzern der wenigen Schreinereien in der Umgegend meiner Heimatstadt machte sich bei meinem Anblick in der Regel größter Missmut breit und statt unfreundlicher Worte deutete der Meister auch schon mal unmissverständlich zum - wenn vorhanden - angeleinten Hund.
    Da Taschengeld nur in minimalsten Strömen und zudem sehr, sehr unregelmäßig floss, blieb letztlich nur das Sammeln von leeren Flaschen, Gläsern und Altpapier, sowie beim Altwarenhändler das Umsetzen in wenige klingende Münzen.
    Relativ gute Erträge hingegen brachten Buntmetalle!
    Allerdings schrammte man da beim Aufspüren und Habhaftwerden oft an den Grenzen der Legalität (in der ehemaligen DDR kein Kavaliersdelikt) und erregte auch nicht selten beim Altwarenhändler größten Argwohn, rückte man als 10jähriger mit "alten" Dachrinnen oder gar Messing an.


    Doch hier weitere Bilder vom Bau des "Albsperbers" in loser Folge:






  • Leider existieren vom Bau der Tragflächen keinerlei Bilder.


    Dafür war aber das Modell dann irgendwann mal fertig und bot folgenden Anblick


  • Ist so ein Rohbau fertig kostet es mich manchmal Überwindung, durch die Bespannung den Blick auf die Filigranität zu trüben...
    Aber man will ja fliegen und nicht gucken!
    Und deshalb sah der "Albsperber" nach Bauende so aus:


    Spannweite: 2400mm
    Rumpflänge: ca.1500mm


    Das von mir entworfene Tragegestell bietet bietet neben der platzsparenden Lager- und Transportvariante auch die Möglichkeit, den Schwerpunkt des Modells zu bestimmen, bzw. zu justieren.
    Dazu wurden - hier in den Bildern noch nicht ersichtlich - in ein paar der nach oben ragenden Vierkanthölzer zwei Holzschrauben mit halbrundförmigen Köpfen eingeschraubt, auf die das Modell aufgesetzt und der Schwerpunkt bestimmt, bzw. justiert werden kann.








    Viel Grüße
    Roland

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