Ilmenau-Schiff / um 1500 / Eigenkonstruktion / 1:250

  • moin1 ,


    ... ich habe mal wieder was kleines gebastelt:


    Im Mittelalter war die Stadt Lüneburg (Niedersachsen) enorm wichtig für ihre Salzproduktion. Salz wurde als Konservierungsmittel für Lebensmittel dringend benötigt und machte damit erst weite Seefahrten der Hansekaufleute möglich. Um einen guten Warentransport zu den großen Umschlaghäfen wie Hamburg zu ermöglichen, entwickelten sich im Bereich der Oberelbe immer größere Schiffstypen. Der Fluss »Ilmenau« verbindet Lüneburg mit der Elbe. so wurde dieser Frachtschifftyp nach diesem Fluss benannt: »Ilmenau-Schiff« (oder auch »Oberelbkahn«).


    Das füllige, an eine kleine Kogge erinnernde Fahrzeug, war den besonderen Anforderungen der Oberelbe und eben der Ilmenau gewachsen. Das waren Strömung, Tide, flache Ufer, Versandung und flache Brücken. Der Mast war daher aus letztgenanntem Grund nach vorn niederlegbar, unter den beiden Decks waren kleine Räume die der Besatzung als Schutz vor Wind und Wetter und auch als Wohnraum dienen konnten. Das in Klinkerbauweise gebaute Schiff konnte gesegelt, gerudert, gestakt und getreidelt werden. Auffallend ist das große, ausfallende Stuerruder des Flusschiffes.


    Das kleine Modell im Maßstab 1:250 habe ich einem Modell aus dem Museum für hamburgische Geschichte nachempfunden. In einer Broschüre fand ich dazu einen kleinen Seitenriss dem ich eine Draufsicht hinzudichtete. Das Vorbild hatte eine Länge von rund 13 Metern, mein Modell kommt auf eine Rumpflänge von 5,50 Zentimeter. Es hat kein konkretes Vorbild sondern ist nur der Typ eines solchen Schiffes. Wie im Mittelalter baute ich das Modell nach eigenen Vorstellungen, der kleine Bauplan diente nur als Anhaltspunkt. Ich habe so gebaut, wie die Teile eben passten und ein sinnvolles Ganzes bildeten.


  • Das Schiff segelt nah um Ufer. Geladen sind vorn ein paar Fässer und hinten ein paar Schafe. Zwei Mann Besatzung (Preiser Spur Z Figuren) halten den kleinen Segler in Fahrt. Auf der Back liegt ein Anker bereit, der Mast ist nach vorn mit einer Talje umlegbar. An Steuerbord liegt ein Stakriemen, das Laufende Gut ist achtern auf Knechten belegt. Das rot gefärbte Segel hat zwei Reihen Reffbändsel. Im Topp weht als Windrichtungsanzeiger ein kleiner Flögel in den Farben der Hanse (rot/weiß)






  • Für die Rumpfabwicklung machte ich mir ein kleines Halbmodell um eine Abwicklung zeichnen zu können. Die Abwicklungen habe ich mit Papierstreifen geklinkert beplankt und zu einem Ring verleimt der mit der Bodenplatte dann einen kleinen Rumpf bildet. Ausgespreizt wurde das Ganze dann mit den zwei Schotts vorn und hinten. Die Spanten und Bodenwrangen sind kleine Pappstreifen, Mast und Rah kommen aus einem gezogenen Bambusstab. Bemalt ist alles mit Revel-Aqua-Color und Aquarellfarbe. Das Wasser habe ich in der bewährten Acylgeltechnik auf einem Graupappesockel aufgebaut. Das Segel ist im Inneren mit Kupferdraht verstärkt.






  • Hallo Klaus


    Einfach wunderbar anzuschauen, dieses kleine Diorama! Es ist schon unglaublich, wie das wirkt, wenn es mit Liebe und Detailtreue gebaut wird!
    Danke für die ausführliche Beschreibung des Originales und vom Bau!
    Mittlerweile verstehe ich schon recht viel von den Fachausdrücken, nur, was ist

    Das in Klinkerbauweise gebaute Schiff konnte gesegelt, gerudert, gestakt und getreidelt werden.

    getreidelt?


    Danke für's Zeigen, es ist wirklich eine Augenweide, das anzuschauen!


    Freundliche Grüsse
    Peter

  • Servus Peter,


    treideln nennt man das Ziehen von Flußschiffen ohne Eigenantrieb, bergwärts, gegen den Strom, durch menschliche oder tierische Kraft.


    Schau mal da: https://de.wikipedia.org/wiki/Treideln


    Die teilweise noch heute existierenden Treidelwege werden gerne von Radfahrern und Wanderern genutzt.


    Liebe Grüße


    Wiwo

  • Moin Klaus,


    tolle Sache, Dein neues Modell. Ganz großes Kino, auch wenn es sich um ein kleines Schiff handelt.


    Super Idee, das mit dem Halbmodell und den Schalen. Muss ich mir merken.


    Kleiner Kommentar zum großen Steuerruder: hat wahrscheinlich physikalische Gründe. Die Wirkung des Ruders hängt stark von der Geschwindigkeit ab, mit der der Rumpf umströmt wird. Und da die Fluss-Schiffchen nicht so furchtbar schnell unterwegs waren, braucht man eine entsprechend größere Fläche des Ruders, um irgendwelche Wirkung zu erzielen.


    Auch die Form Deines Berichts finde ich sehr schön. Tolle Bilder, und dann die wesentlichen Dinge erklärt, die man zum Original und zum Bau des Modells wissen muss. Vorbildlich, das!


    Viele Grüße


    Mathias

  • Moin Klaus,


    ein schönes Modell und Diorama hast du da gebaut. Ein Modell von dem Schiff würde ich auch gerne bauen.
    Möglich das im Salzmuseum in Lüneburg ebenfalls ein Modell vorhanden ist.


    In Lüneburg liegt über den Sommer häufig ein Nachbau. Welches ich auf der Ilmenau, an der Schleuse in Bardowick, mir genauer anschauen konnte. Die Besatzung brachte das Schiff wohl gerade ins Winterquartier.
    Entlang der ilmenau kann man übrigens schön spazieren gehen.


    Grüße


    Joerg

  • Servus Klaus,


    irgendwie hatte der Morgenkaffee noch nicht gewirkt als ich Peters Frage beantwortet habe.... verlegen2
    Das kleine Schiffchen, ist wieder ein Genuß in Ausführung und Präsentation!
    Das Thema recht exotisch, aber passt zu der Reihe der bisher von dir gebauten Modelle. beifall 1


    Liebe Grüße


    Wiwo

  • Wieder ein wunderschönes Kleinod aus Deiner Werft, Klaus daumen1

    tschö1 Christian


    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Ahoi Klaus,


    nach den ersten beiden Postings dieses Threads dachte ich: Jetzt will er uns linken! Aber dann kamen die Bierdeckel ins Spiel, und alles war wieder gut. Ist also tatsächlich ein Modell aus deinen kunstvollen Fingern. happy1


    Und es ist wie immer bei deinen kleinen Schiffchenleinchen eine wahre Augenweide! Gratulation! Ich bin ja immer wieder hin und weg, wie du eben mal so zwischendurch innerhalb kurzer Zeit so einen zauberhaften Hingucker raushaust. daumen1 klasse1

  • moin1 Ihr,


    und vielen Dank für den Zuspruch in Wort und »Likes«! danke1
    @Alex: «Gezogener Bambus« meint, dass ich von einem zerteilten Stück Bambusstab eine feine Leiste geschnitten habe. Die zog ich dann durch ein Zieheisen aus dem Goldschmiedebedarf um eine ganz feines Stäbchen zu erhalten.


    In Lüneburg gibt es zwei Nachbauten solcher Schiffe: Ein Ilmenau-Schiff und einen etwas kleineren Salzewer:


    http://www.salzmuseum.de/das-m…sanlage/ilmenau-ewer.html


    Im Salzmuseum war ich noch nicht. Dort soll ein Modell ausgestellt sein. Wie geschrieben habe ich mein Schiffchen nach einem Modell aus einen großen Diorama im Museum für hamburgische Geschichte gebaut (siehe die Postkarte auf dem ersten Bild im ersten Posting)


    @Bonden : Nach langem Ansehen des Modells habe ich mich entschlossen, den hellen Holzsockel mit dunklem Furnier zu verkleiden. Zum Update gibts für Dich und alle anderen einen passenden Kronkorken der Biermarke »Pfeffersack«... grins 3 Der Furnierrand macht sich doch besser und gibt »untenrum« ein harmonisches Gesamtbild.



    Vielen Dank nochmal für Euer Interesse,


    Klaus

  • Schönes kleines Modell. So langsam bekomme ich eine Idee für ein kleines Diorama mit der Shipyard-Kogge zusammen. Ich muss nur noch prüfe, ob es einen ähnlichen Typ auch schon im 14. Jh. gegeben hat.

    tschö1 Christian


    "Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

  • Hallo Christian,


    die Bauweise des Ilmenau-Schiffes ist identisch der der Koggen. Insofern wirst Du nicht falsch liegen, solch ein Schiff Einhundert Jahre früher anzusiedeln. Um 1400 wird als kleinerer Schiffstyp oft die "Schnigge" erwähnt. Wie genau dieser Typ aussah ist nicht belegt. Einen größeren Tiefgang und ein kleineres Ruder wird die hochseetaugliche Schnigge im Vergleich zum Flussschiff Ilmenau-Schiff sicher gehabt haben. Bauweise und Aussehen werden sicher sehr ähnlich gewesen sein.


    Viel Erfolg bei der Recherche, halte mich auf dem Laufenden!


    Klaus

  • Hallo Klaus,


    wieder ein schönes, kleines Diorama aus der Geschichte der Seefahrt.
    Bei dir gibt es immer was zu lernen: Sowohl bei dem Vorbildern deiner Modelle, wie auch beim Scratchbau klasse1


    Viele Grüße
    Dieter

  • Heute war ich in Lüneburg und habe dort die Nachbauten vom Salz-Ewer (Ilmenau-Schiff/Oberelbkahn) und Salzkahn liegen gesehen. Der Salz-Ewer ist motorisiert, ich nehme an dass sich in der Hütte hinten die Maschinenanlage befindet. Die Fotos von den beiden Schiffen möchte ich Euch natürlich nicht vorenthalten...



    Viele Grüße,


    Klaus

  • Hallo Klaus,


    Heute ist es soweit: Eines Deiner Bilder wurde zum Bild der Woche auserkoren und wird ab heute für eine Woche unsere Portalseite zieren!
    In den kommenden Monaten wird es darüber hinaus, auf der Slide-Show der Portalseite zu sehen sein!!
    Im kommenden Jahr nimmt es automatisch an der Auswahl zum Bild des Jahres teil!


    Dein Bild ist somit zum offiziellen Aushängeschild unseres schönen Forums geworden!
    Ich hoffe, dass sich noch viele Modellbauer ein Beispiel nehmen, ebenfalls so tolle Bilder von Ihren Modellen aufnehmen und hier online
    stellen!
    Vielen Dank für Dein Engagement im Forum!


    Für das Team,
    Peter