Aviso „Grille“ / WHV / 1:250

  • Hallo Freunde des geknickten Kartons,


    an diesem Wochenende gibt es mal keine Fortsetzung meines Reiseberichts über die Afrikareise 2019 der Nibelungen, denn fristgerecht vor der Weihnachtsruhe hat die Schiffsbauabteilung der Nibelungen-Werft wieder eine Einheit abgeliefert: Der Aviso „Grille“ war es, der in Dienst gestellt werden konnte – der Beginn eines kleinen Projekts, das sich mit dem Bau der drei in Karton in 1:250 erhältlichen deutschen Staatsjachten befassen wird.


    Gebaut habe ich daran von 28.11.2020 bis zum 22.12.2020; verbaut wurden dabei 509 Teile, 166 davon nicht vom Bogen.


  • Zum Modell:


    Der Bogen stammt aus Wilhelmshaven und ergibt ein recht brauchbares Ergebnis, macht doch das fertige Schiff einen eleganten und schnittigen Eindruck, ganz so wie das große Vorbild. Er ist insgesamt durchaus passgenau konstruiert, nur am Bug hatte ich ein kleines Problem, was aber, da das Schiff ja in Weiß gehalten ist, ohne größere Schwierigkeiten beseitigt werden konnte. Ob dies nun ein Konstruktionsfehler ist oder das Problem bei mir lag, kann ich nicht sagen – letzteres möchte ich auch nicht ausschließen, da der Bug doch recht ungewöhnlich ist und beim Zusammenbau vielleicht keine Ungenauigkeiten verzeiht.


    Das Modell jedenfalls bringt die Optik des Originals recht gut rüber, finde ich, wenn auch ein paar Details mehr nicht geschadet hätten. Ersetzt habe ich – wie bei nahezu allen Schiffen aus der Nibelungen-Werft – die Kartonketten durch luftmaschengehäkelte Ketten von meinem Knappen, sowie natürlich die Karton- durch Laserreling und die Niedergänge durch Laserleitern. Die Masten wurden innen mit Metallprofilen verstärkt; Rahen und Ladebäume sind aus Draht und die Entfernungsmessgeräte, die hier auf dem Bogen „Vierkantbalken“ sind, wurden durch meine gefürchteten Kunststoffbesenborsten ersetzt – hier weiß lackiert… grins 2


  • Ergänzt werden musste auch der Schraubenschutz, denn der ist von Verlags-/Konstrukteursseite seltsamerweise nicht vorgesehen, obwohl man ihn auf Bildern vom Original gut erkennen kann. Und an der Vorderseite des Schornsteins habe ich eine Leiter und oben noch sowas wie ein Signalhorn und eine kleine Plattform mit Reling ergänzt - dies habe ich an einem recht gut gebauten größeren Modell im Internet gesehen (auf den mir zur Verfügung stehenden Vorbildfotos war da kaum was zu erkennen).


    Zu den Änderungen gehört natürlich auch eine Beflaggung, die, so wie es sich gehört, auch der damaligen Einsatzzeit entspricht. Ich habe mich da ein wenig an einem Vorbildfoto orientiert, das evtl. bei einer Parade aufgenommen wurde, denn es sind 2 Flaggen an den Masten und eine dritte am hinteren Flaggenstock erkennbar. Da angenommenermaßen bei meinem Schiff „Der größte Feldherr aller Zeiten“, gemeinhin „GröFaZ“ genannt, höchstselbst an Bord ist, wurde auch die Führerstandarte gehisst an Stelle der Reichskriegsflagge am vorderen Mast…. grins 2


    Natürlich wurde am Heckspiegel auch noch der Reichsadler angebracht.


  • Herzlichen Glückwunsch zur Fertigstellung !


    Ich lese und staune, dass Du so ein Projekt mal eben in 4 Wochen zusammenbaust...


    Ich hätte gern von Dir mal wieder einen etwas ausführlicheren Baubericht, da könnten wir uns alle noch etwas bei Dir abschauen...


    Gruß
    Volkmar

  • Es gibt für mich eigentlich nur einen gravierenden Kritikpunkt und das ist die Artillerie. Die „Grille“ war ja bekanntlich mit 12,7 cm Geschützen armiert analog zu den ersten Zerstörerklassen. Da hat es sich der Konstrukteur (oder der Verlag – wer dafür verantwortlich zeichnet, entzieht sich meiner Kenntnis) recht einfach gemacht: Anstatt 12,7 cm Geschütze zu konstruieren, hat man einfach 15 cm Einzeltürme der „Gneisenau“- bzw. „Deutschland“-Klasse genommen, die nun ja überhaupt nicht passen, weder optisch noch vom Kaliber her.


    So etwas ist einfach ärgerlich und völlig unverständlich - das mag den einen oder anderen potentiellen Bastler / Käufer auch davon abgeschreckt haben, sich das Modell zuzulegen. Zum Glück kann man sich ja heute behelfen: Ich habe einen Zerstörer-Bogen geplündert und die 12,7 cm Geschütze auf die „Grille“ verpflanzt – jetzt sieht das Ganze stimmig aus…..


    Etwas ungewohnt wirkt auch die kleine „Motorbarkasse“, deutlich kleiner als die sonst vom WHV gewohnten. Laut Gröner, Bd. 8, gab es bei der Reichs-/Kriegsmarine der Motorbarkasse ziemlich bauartgleiche Motorjollen, die mit 7,7 m Länge deutlich kleiner waren als die Motorbarkassen mit 11,5 m Länge, und deren maßstäbliche Umrechung in 1:250 ca. 3 cm ergibt, was dem kleinen Boot auf der „Grille“ entsprechen würde.


    Über dieses kleine Boot des Originals besteht allerdings einige Unklarheit – angeblich war dieses „Motorboot 1“ genannte Boot ein völlig anderer Typ mit dem Namen „Grillet“ (dieses Boot ist wohl in England gelandet und noch vorhanden); andere wieder behaupten, dieser Typ wäre gar nicht an Bord der „Grille“ gewesen, sondern es würde sich bei der „Grillet“ um ein Flugbetriebsboot handeln. Da die Frage für mich nicht zu klären war, habe ich diese kleine Motorjolle vom Bogen an Bord gelassen.


  • @Volkmar


    Vielen Dank, Volkmar!


    Was neue Bauberichte betrifft - na ja, nach dem z. T. dreimaligen Verschwinden meiner insgesamt 80 Bauberichte in der Vergangenheit bei anderen Foren ist nach dem Untergang von kartonist meine Begeisterung, etwas doch recht Aufwändiges neu zu machen, nach wie vor recht gering....


    Den einen oder anderen älteren Baubericht werde ich aus dem Nirwana wieder hervorholen und hier einstellen (geplant ist die "Wiederbelebung" eines Bauberichts über die Eisenbahnfähre "Schwerin"), aber neue schreiben? denk1


    Servus
    hvt

  • Zum Vorbild


    1934 wurde bei Blohm und Voss der Kiel für den Flottentender „C“ gelegt und im Mai 1935 wurden Flagge und Wimpel zur Indienststellung des Schiffes gesetzt. Die „Grille“ (Namensherkunft vom Aviso „Grille“ aus den Anfangsjahren der kaiserlichen Marine) diente als Versuchsschiff für die Hochdruckheißdampfanlagen der Zerstörer; aber bis zum Kriegsausbruch 1939 wurde der Aviso, der übrigens ein gutes Seeschiff war, hauptsächlich für Repräsentationszwecke der Staatsführung, für den Flottenstab, für Navigationsbelehrungsfahrten und zur Zieldarstellung herangezogen.


  • Einige Daten für die „Grille“ (aus Hildebrand, Röhr, Steinmetz / Die deutschen Kriegsschiffe):


    1936:
    - Hitler und der Ob.d.M. Raeder nehmen an Bord eine Flottenparade anlässlich der Einweihung des Marinehrenmals Laboe ab
    - Der Kriegsminister Blomberg macht im Herbst des Jahres eine Fahrt zum Nordkap und besucht auf der Rückreise Narvik (wobei er auch eine Fahrt auf der Erzbahn unternimmt)


    1937:
    - Im Mai reist der Wehrmachtsführungsstab mit dem Aviso nach Southampton zur Teilnahme an den Krönungsfeierlichkeiten für George VI
    - im Juni dient der Aviso dem Flottenchef Admiral Carls als Flaggschiff bei Übungen in der Nordsee
    - im Herbst unternimmt Blomberg nochmals eine Reise mit der „Grille“, diesmal in den Atlantik nach Madeira und den Azoren


  • 1938
    - Teilnahme an einer Flottenparade zu Ehren des Stapellaufs der „Prinz Eugen“ mit Hitler und dem ungarischen Reichsverweser Horthy an Bord
    - Ende des Jahres fungiert der Aviso als Zielschiff u.a. für Lufttorpedoangriffe


    Der Zweite Weltkrieg sah die Staatsjacht dann als Minenleger (sie soll das erste deutsche Kriegsschiff gewesen sein, das im Englischen Kanal Minen legte) in Nord- und Ostsee, dann ab 1942 als schwimmendes Stabsquartier für den Admiral Nordmeer in Norwegen, und, nach Auflösung des Stabes Admiral Nordmeer, als Stabsquartier für den F.d.U. Nordmeer.


  • Nach Kriegsende verblieb das Schiff zuerst in Trondheim als britische Kriegsbeute und wurde dann 1946 an einen kanadischen Reeder verkauft. 1948 übernahm ein libanesischer Textilhändler den Aviso, der im Auftrag des ägyptischen Königs Faruk I. handelte, welcher allerdings alsbald das Interesse an der ehemaligen Staatsjacht verlor. In New York wurde noch versucht, einen Käufer für die „Grille“ zu finden (während dieser Zeit konnte man das Schiff gegen Eintrittsgeld besichtigen). Als sich keine Interessenten meldeten, wurde die „Grille“ schließlich 1952 nach Bordentown (New Jersey) zum Abbruch verkauft.


    Hier ein Vergleichsfoto mit dem Zerstörer Z 21 "Wilhelm Heidkamp" (letzterer wurde aus dem Uralt-Zerstörerbogen von WHV gebaut). Der Aviso ist ein klein wenig größer als der Zerstörer, was auf diesem Bild auf Grund des relativ geringen Abstands zu den Modellen nicht so heraus kommt.


  • Hallo Hagen,
    das ist ein sehr elegantes Schiff und Dir gut gelungen. Aufgrund der von Dir beschriebenen Mängel des Bogens und des prominenten Passagiers hatte ich bislang von der Beschaffung abgesehen, werde das aber nochmals überdenken.
    LG
    Kurt

  • Und nochmals die beiden Einheiten im Vergleich




    Das war’s vom ersten Modell meines kleinen deutschen Staatsjacht-Projekts – bis zum zweiten wird es eine Weile dauern, denn da warten zwischendurch noch andere Bögen auf die Dreidimensionalisierung.


    Servus
    hvt

  • @Kurt


    Vielen Dank, Kurt! danke 2


    Denke mal, nach der "Hohenzollern" würde sich ein Bau der "Grille" zum Vergleich durchaus lohnen - eine gewisse optische Ähnlichkeit der beiden Einheiten lässt sich ja erkennen. Und da der Aviso ja auch im Krieg eingesetzt war und nicht nur den "GröFaZ" rumkutschierte, kann man ihn schon unbesorgt unter die "Grauen" einreihen, wenngleich er bis weit in den Krieg hinein weiß gestrichen war.


    Der fehlende Schraubenschutz lässt sich leicht ergänzen, und bei Deinen umfangreichen Bauaktivitäten ist doch sicherlich auch mal die eine oder andere 12,7 als Sicherheitskopie angefallen, denke ich....


    Servus
    hvt

  • Hallo Hagen,
    da liegst Du richtig, Teile zum Tausch habe ich gut vorhanden. Ich denke, daß ich noch die 12,7cm von einem anderen Hersteller im Schapp habe.
    Der Gröfaz war wohl recht selten an Bord, da er unter starker Seekrankheit litt.
    LG
    Kurt

  • Servus edler Nibelung.


    Ein schönes und elegantes Schiff!
    Tolles Modell, und wie immer von dir sauber gebaut.
    Von deinen erwähnten Schwierigkeitn im Bugbereich konnte ich nichts entdecken.


    Und was den gelegentlich an Bord befindlichen Braunauer angeht, Schiffe können sich ihre Passagiere nicht aussuchen.


    Liebe Grüße


    Wiwo

  • Moin Karl-Heinz,
    ich habe mir den Bogen kurz nach dem Erscheinen bestellt, war aber entsetzt über die schlechte Recherche des Verlags, bzw. Konstrukteurs. Du hast es ja auch selbst geschrieben, was nicht passt. Das war bei mir der Grund, den Bogen einzumotten.
    Dein fertiges Modell sieht aber gut aus, Gruß aus dem heute stürmischen Flensburg
    Jochen

  • @Didibuch
    @Scorpion1963
    Vielen Dank für Eure Daumen! danke 2


    @wiwo1961
    Danke für die lobenden Worte, Wiwo! freu 2
    Das Problem am Bug war nicht so schlimm - es war auf der Steuerbordseite die Rundung oberhalb des Bugspriets, da hat zur Bordwand hin ca. 1 mm gefehlt (der Grund, wie gesagt, ist unklar). Das konnte durch Einkleben eines schmalen Streifens aus Abfallkarton mühelos beseitigt werden.


    Mit der Bemerkung, dass sich Schiffe ihre Passagiere nicht aussuchen können, da hast Du sicherlich recht - wenn das anders wäre, dann hätte die MS "Albatros" auf unserer Afrikafahrt wohl ein Drittel ihrer Passagiere nicht an Bord genommen.... happy1


    Und dass "Er", der ohnehin keinen rechten Bezug zur Marine hatte, auf der "Grille" herumgestolpert ist, dafür kann der Aviso nun wirklich nichts - die meiste Zeit seiner Existenz diente das Schiff ja ohnehin anderen Zwecken.



    @Flens
    Mir ging's damals ähnlich - als ich mir den Bogen bestellt hatte, erschien in einem der Vorgängerforen ein Baubericht, der u.a. auf die völlig unsinnige Hauptbewaffnung hinwies. Da stand ich auch kurz davor, zur "Endablage" des Bogens zu schreiten, aber dann dachte ich mir, kommt Zeit, kommt Rat bzw. 12,7 cm - kaum wartet man 10 Jahre, schon hat's gepasst..... grins 2
    Ob außer den von mir geschilderten Unzulänglichkeiten noch andere Fehler vorhanden sind, kann ich jetzt nicht sagen, denn die Quellenlage ist für mich recht dürftig - außer ein paar Fotos in der Totalen, gelegentlich auch noch etwas unscharf, fand ich da nichts. Doch wenn man das Ergebnis mit der Skizze im Gröner Bd. 6 vergleicht, dann wird in jedem Fall die "Anmutung", wie sich ein bekannter Modellbauer aus dem anderen Forum immer auszudrücken pflegt zwinker2 , recht gut rübergebracht.


    Danke in jedem Fall für Deine Worte, Jochen!


    Ja, dass es bei Euch geblasen hat, kann ich mir vorstellen, weil ich am Samstag einen Beitrag in Nord 3 gesehen habe, wo unten plötzlich eine Sturmwarnung für die Küste eingeblendet wurde....



    Servus
    hvt

  • Servus Hagen,


    ein sehr schnittiges Modell.
    Gefällt ausgesprochen gut.


    Und natürlich wieder erstklassig von dir umgesetzt.


    klasse1



    Grüße


    Jürgen

    Servus aus der Oberpfalz


    "Bass'd scho" (Lokale philosophische Grundregel)

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