TS HANSEATIC; HMV; 1:250

  • Moin zusammen,


    ich denke, ich liefere mal wieder einen meiner „Kompaktbauberichte“ ab. Zum Inhalt hat er ein wunderschönes Schiff, das zu meiner Kinder- und Schülerzeit in Hamburg gehört.


    Meine Eltern und ich zogen Anfang der 60er Jahre nach Neugraben im Süden Hamburgs. Das Haus, in dem wir in der obersten Etage wohnten, lag ein paar Meter den Geesthang hinauf an der Cuxhavener Straße. Und weil wir in der obersten Etage wohnten, hatte man vom Küchenfenster aus - es war ein Dachfenster - einen wundervollen Blick über die Elbmarsch; die Großsiedlung Neuwiedenthal war damals noch nicht fertiggestellt, sondern erst im Entstehen. Der Blick reichte also recht ungehindert bis zum anderen Elbufer mit Blankenese und Teufelsbrück. Die Kräne sowie die Kabelkrananlage der Deutschen Werft auf Finkenwerder waren auch in unserem Blickfeld. Und an einigen Tagen im Winter lugten dort die zwei markanten roten Schornsteine der HANSEATIC hervor, wenn das Schiff seine alljährliche Werftliegezeit absolvierte.


    Das Schiff lief im Jahre 1931 als EMPRESS OF JAPAN in Glasgow von Stapel. Gebaut wurde es für die Reederei Canadian Pacific, die es im Pazifik zwischen Kanada und dem Fernen Osten einsetzte. Das Schiff war 205 m lang, 25,5 m breit und hatte einen maximalen Tiefgang von 13,8 m. Es war mit 30.030 BRT vermessen. Angetrieben wurde es von einer Dampfturbinenanlage mit einer Leistung von 31.400 PS, die dem Schiff eine Geschwindigkeit von 22 kn verlieh.
    Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde das Schiff als Truppentransporter eingesetzt und nach Eintritt Japans in den Krieg in EMPRESS OF SCOTLAND umbenannt. Nach Kriegsende wurde das Schiff auf dem Nordatlantik eingesetzt.


    Im Jahre 1958 erwarb die neu gegründete Hamburg-Atlantik Linie das Schiff, die es für die Überführungsfahrt nach Hamburg in SCOTLAND umbenennen ließ. Bei den Howaldtswerken Hamburg wurde das Schiff umgebaut und grundlegend modernisiert. Aufgrund des etwas herunter gekommenen Äußeren und weil beim Umbau jede Menge Altmetall anfiel, trug es bei den Werftarbeitern den Spitznamen SCHROTTLAND…


    Am 2. Juli 1958 ging das in HANSEATIC umbenannte Schiff auf seine erste Reise unter der neuen Flagge und wurde so zu einem festen Bestandteil der wieder auflebenden Schifffahrt Hamburgs. Für jemanden, der in den 50er und 60er Jahren in Hamburg aufwächst, ist die HANSEATIC der Hamburg-Atlantik Linie der Inbegriff der Passagierschifffahrt. BERLIN und BREMEN tauchten auf der Elbe nicht auf, spielten insofern höchstens als Wilhelmshavener Modelle eine Rolle.
    Neben den Transatlantikreisen, die aber der Konkurrenz in der Luft wegen im Laufe der Jahre immer seltener wurden, machte die HANSEATIC jede Menge Kreuzfahrten sowohl für den nordamerikanischen als auch für den europäischen Markt.


    Am 7. September 1966 brach im Hafen von New York auf der HANSEATIC ein Feuer im Dieselgeneratoren-Raum aus, wodurch die gesamte Dieselgeneratoren-Anlage zerstört wurde, was einen kompletten Ausfall der Maschinenanlage zur Folge hatte. Weil der Brand auch Ventilatorenschächte erfasste, wurden deren Schotts dermaßen erhitzt, dass die Holzverschalungen der benachbarten Räume zum Schwelen oder Brennen gebracht wurden. Besonders betroffen waren der Speisesaal A und das Café Helgoland. Die New Yorker Hafenfeuerwehr brauchte zehn Stunden, um den Brand unter Kontrolle zu bringen. Im Anschluss ließ die Reederei das Schiff von den Schleppern PACIFIC und ATLANTIC der Bugsier-Reederei nach Hamburg schleppen, wo die Bevölkerung das Schiff beim Einlaufen mit großer Anteilnahme begrüßte. Eine Untersuchung ergab, dass das Schiff äußerlich zwar so gut wie gar nicht, in der Maschinenanlage jedoch so schwer beschädigt war, dass man sich zum Abwracken entschied.


    Im August 1966 hatten wir unseren ersten Fernseher bekommen und damit kam ich auch in den Genuss der Reportage über die Rückkehr des beschädigten Schiffes mit Schlepperhilfe nach Hamburg. Wie schon gesagt, schien das Schiff von außen betrachtet völlig unbeschädigt zu sein und so war es für viele Hamburger damals ein Schock, als die Reederei den - wirtschaftlich sinnvollen - Entschluss fasste, das Schiff abwracken zu lassen.


    Die Erinnerung an die HANSEATIC ist somit ganz eindeutig Teil meiner frühen Jugend. Insofern war ich natürlich hellauf begeistert, als dieses Modell 2008 beim HMV im Hause der Scheuer & Strüver GmbH erschien. Ich bekam den Bogen schon kurz nach dem Erscheinen von meinem Filius zu Weihnachten geschenkt. Zwölf Jahre lang habe ich mich allerdings nicht getraut, das Modell anzugehen. Nachdem ich jedoch mit einer ganzen Reihe anderer Modelle, u.a. auch mit der HAMBURG vom HMV, Erfahrungen sammeln konnte, habe ich es Anfang März 2020 doch endlich gewagt, den Bogen anzuschneiden. Wohl wissend, dass mich auch hier wieder ein paar „piet-typische Überraschungen“ (die damit ja keine mehr sind) erwarten würden. U.a. haben mehrere Rettungsboote die gleiche Nummer, Markierungen passen nicht zusammen, das übliche Programm eben…


  • Wie sich doch die Bilder gleichen...
    So sah es bei der HAMBURG aus...



    ...und so bei der HANSEATIC...




    Allerdings war der vorgesehene Ablauf bei der HANSEATIC doch etwas konventioneller. Nach der kompletten Grundplatte sollten hier die aus mehreren Teilen zusammenzusetzenden Mittelträger darauf eingebaut werden und danach die Spanten. Weil ich mit seitlichen Mittelträgern - die im vorderen Bereich auch noch zur Mitte hin abknicken - aus der Feder von Piet seinerzeit bei der DERFFLINGER eine kleine Überraschung erlebt habe, habe ich mir das verkniffen und zunächst eine komplette Stellprobe vorgenommen. Oder besser: Steckprobe... Danach wurde alles in einem Rutsch montiert und durfte anschließend gehörig durchtrocknen.



  • Das Spantengerüst ist komplett. Ein derart stabiles Spantengerüst (ohne verdoppeln oder stärkeren Karton) ist mir noch nicht untergekommen, da hat sich Piet mal selbst übertroffen...






  • Sodann waren die Königsroller achtern an der Reihe; das sind Umlenkrollen für die Festmacher an der Kante vom Deck zur Bordwand. Danach waren Deckstützen an der Reihe.








  • Danach ging es mit dem nächsten Deck weiter. Das war zu verdoppeln, durfte also schon mal einen Tag lang durchtrocknen. Allerdings trug dieses verdoppelte Deck doch ein wenig auf, sodass ein paar Anpassungen notwendig waren.Und schon kam auf dieses Deck die nächste Aufbauwand samt Deckstützen... Nun ging es hier aber nicht weiter in die Höhe, sondern vorne wurden noch eine Aufbauwand sowie ein paar Poller eingebaut.




  • Danach waren die Bordwände an der Reihe. Zunächst mal waren die Klebelaschen der Grundplatte ein wenig farblich zu behandeln, damit dort später keine weißen Blitzer zu sehen sind. Sodann wurde das erste Stück Bordwand ausgeschnitten. Am Wasserpass sind Markierungen zu erkennen, die ein Ausrichten nach den Spanten ermöglichen, eine sehr gute Lösung, finde ich (Bild 39). Von der Bauanleitung her sollen die Bordwandstreifen mit Seidenpapier hinterklebt werden, damals - 2008 - sozusagen "state of art". Wie schon bei anderen Modellen erfolgreich praktiziert, habe ich hier mit Weißleimnähten gearbeitet.










  • Weiter ging es mit den Bugteilen, ich habe mit der Bb.-Seite begonnen.
    Insgesamt besteht das Bauteil aus drei Einzelteilen:Die beiden schwarzen Streifen sollen in die Lücke eingefügt werden.Ich habe hier eine Hilfslasche aus Seidenpapier eingebaut und die beiden Streifen darauf befestigt. Schön mit lösungsmittelhaltigem "Standard-Kleber"...
    Das durfte anschließend richtig gut durchtrocknen.




    Danach wurden die Nähte nacheinander und cm für cm verleimt…




  • Während man still vergnügt Weißleimnähte zieht, hat man ja genügend Zeit, sich um das eine oder andere zu kümmern. Mein Blick fiel dabei auf eines der nächsten Anleitungsbilder. Dort konnte man erkennen, dass die Innenschanzstreifen vom Backdeck bereits jetzt vorhanden waren. Also habe ich mal nachgeschaut, wo die Teile denn wären. Gefunden habe ich sie nach längerem Suchen auf dem Bogen Nr. 15 als Teile Nr. 116... Der seinerzeitige Kontrollbauer bestätigte mir auf Nachfrage meine Vermutung, dass es schon jetzt sinnvoll ist, diese Streifen mit einzubauen.




    Weiter ging es mit der Steuerbordseite.



  • Dank der ungeahnt anspruchsvollen Bugform zog sich der Bau an dieser Stelle doch etwas in die Länge.
    Wenn man sich das Schiff so auf alten Aufnahmen anschaut, dann vermutet man einen derart ausladenden Bug (und die sich daraus ergebende Abwicklung!) nicht so ohne weiteres. Durch diese ausladende Form fällt die Bordwand in dem Bereich deutlich konkav aus. Im Gegensatz zur HAMBURG, bei der ist sie an gleicher Stelle überwiegend konvex. Das machte doch einiges an „Überredung“ erforderlich. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass der Bug der HANSEATIC mehr Aufwand erfordert als der Bug der HAMBURG. Aber auch hier schlug schließlich doch das AEG-Prinzip (Am Ende Geht’s) durch und der Vogel landete nicht in der Rundablage. (Die Tatsache, dass Kollegen das erfolgreich bewältigt haben, ist in dem Zusammenhang eher weniger relevant. Nicht jedem liegt alles und was dem einen gut von der Hand geht, lässt einen anderen verzweifeln…)
    Sehr hilfreich bei der Montage der Bordwände war das absolut verwindungsfreie Spantengerüst! Ich hatte ja bereits erwähnt, dass mir ein derart stabiles Gerüst bislang nicht untergekommen war. Das ist wirklich eine Meisterleistung des Konstrukteurs (…mit der er die ansonsten in diesem Modell eingebauten Kinken durchaus wieder wettmacht…) Dadurch brauchte man beim Anbau der Bordwandteile nicht allzu zimperlich zu sein…
    Ich habe es mir erspart, sämtliche Zwischenschritte fotografisch zu dokumentieren, hier nun ein paar Aufnahmen vom fertigen Rumpf.




  • Nachdem das nächste Deck eingebaut war, durfte es - gut beschwert mit drei Nordfriesland-Krimis - eine innige Verbindung mit dem Unterbau eingehen.


  • Als nächstes waren die für einen Liner so typischen Aufbauten an der Reihe. Zunächst kam dazu ein komplettes zweites Spantengerüst auf das Deck 55. Damit konnte man die zukünftige Silhouette des Schiffes schon mal ein wenig erahnen.
    Im Bereich der Vorderkante des Aufbaues wurden auf dem Deck 55 Klebeprofile angebracht, an denen die Aufbaufront zu montieren war. Weil ich mit den Klebekanten von KvJ so ausnehmend gute Erfahrungen gemacht habe, habe ich mich dazu entschlossen, die unteren Profile 73 und 73 a zur verdreifachen und sie - unter Weglassung der Klebelaschen natürlich - als Klebekanten zu verwenden. Ebenso bin ich bei den Profilen verfahren, die auf dem Teil 74 eingebaut wurden.
    Als nächstes wurde das Bootsdeck 75 eingebaut.





  • Als nächstes waren die Teile 76 und 77 an der Reihe, die die Fensterfronten des Promenadendecks darstellen.






    Wie man sehen kann, habe ich mich dazu entschieden, weder Bulleyes noch Fenster auszuschneiden. Insbesondere die Fenster hier im Bereich der Promenade sind doch ein wenig sehr "fiegeliensch", wie der Hamburger sagt. Dieses Geduldspiel wollte ich mir dann doch nicht antun. Auf dem Bild 85 wird deutlich, was ich meine...




  • Als nächstes waren die Klebekanten 78 - a und 79 - a für die weiteren Aufbauwände an der Reihe. Bei denen ist Piet ganz schön mit der Nummerierung und Zuordnung durcheinandergeraten. Aber mit ein wenig Einpassen hat es am Ende funktioniert.
    Dann war da noch ein Stückchen Deck mit den achteren Fenstern des Restaurants "Bellevue" einzubauen. Dabei fiel auf, dass die Klebekanten 78 und 79 zu weit nach achtern reichen. Mir blieb nichts anderes übrig, als sie in diesem Bereich mit Hilfe einer Rasierklinge vorsichtig wieder zu entfernen. Dass der Mittelträger in diesem Bereich zu weit nach achtern reicht, hatte bereits einige Zeit zuvor ein Modellbaukollege festgestellt. Und ich hatte ein ähnliches Erlebnis auch schon bei der DERFFLINGER von Piet...



  • Als nächste Baugruppen waren die Aufbauwände auf dem Bootsdeck an der Reihe. Und bei denen waren - ähnlich, wie seinerzeit bei der HAMBURG - auch tatsächlich ein paar Fenster auszuschneiden, weil sich hinter diesen Fenstern keine geschlossenen Räume befinden. Das sind einerseits der Bereich um den Swimmingpool achtern und der Bereich des „Tennisplatzes“.
    Der Einbau der Wände erforderte etwas „Überredungskünste“, es gab da ein paar minimale Längendifferenzen. Ob die aus dem Bogen resultieren oder auf „Bastlerfehler“ zurückzuführen sind, lässt sich nicht sagen. Zum Glück gibt es mit den Laschen der Klebekanten 78 und 79 ziemlich praktische „Überredungshilfen“, die Wände könne gar nicht anders, als sich daran zu orientieren.
    Mit den Bauteilen 84 und 85 ist schließlich das Deck über dem Restaurant Bellevue erreicht.



    Die Baugruppe 86 umfasst den Tennisplatz. Dort sind - wie schon gesagt - auch die entsprechenden Fenster auszuschneiden. Und schon stolpert man über die nächste Ungereimtheit: Bei den „Außenwänden“ 82 und 83 sind es je vier Vierergruppen von Fenstern. Bei den „Innenwänden“ des Teil 86 sind bei den achteren Fenstern jeweils nur zwei, und zwar die oberen, vorhanden.




    Anhand des bei mir vorhandenen Bildmaterials war nicht zweifelsfrei feststellen, welche Variante die richtigere ist. Aber weil die Außenseite bereits entsprechend vorbereitet war, kam ich natürlich nicht umhin, auch die Innenseiten entsprechend auszuschneiden. Eingebaut sieht es dann wie folgt aus:



  • Nach dem Einbau des „Schornsteindecks“ war die Brückenfront an der Reihe.
    Beim Umbau des Schiffes im Jahre 1958 zur HANSEATIC war dieser Bereich nachhaltig umgestaltet und die kantige 30er Jahre-Front durch eine abgerundete moderne Brückenfront ersetzt worden. Sie prägte das Erscheinungsbild nachhaltig und ließ das Schiff zusammen mit den neuen Schornsteinen und dem dezent nach vorne gezogenen Vorsteven (man kann auf Nahaufnahmen das nachträglich angestückte Bugteil ganz gut erkennen, es ist geschweißt und nicht wie der übrige Rumpf genietet…) wesentlich moderner aussehen.Die geschwungene Brückenfront ließ sich gut an die Klebekante anpassen. Es folgten das Brückendeck mit Brücke und Kartenhaus sowie als Abschluss nach oben das Peildeck.



  • Weil von Anfang an geplant war, dass das fertige Modell irgendwann mal in einem etwas höheren Regal stehen würde und nicht in der großen Vitrine, habe ich trotz der immer wieder auftretenden Ungereimtheiten unbeirrt weitergebaut. Dass einige Teile nicht so passten, wie sie es hätten sollen, Teile der Stb.-Seite nach Bb. gehörten und umgekehrt oder Markierungen aus dem Ruder liefen...was soll's, sieht ja keiner.


    Hier die Bilder der Steuerbordseite…



  • Dieses Thema enthält 41 weitere Beiträge, die nur für registrierte Benutzer sichtbar sind, bitte registrieren Sie sich oder melden Sie sich an um diese lesen zu können.